Dieb misshandelt: Polizist muss vor Gericht

Ein Wiener Polizist muss sich im März vor Gericht verantworten, weil er einen mutmaßlichen Taschendieb misshandelt haben soll. Das Verfahren gegen seinen Kollegen wurde hingegen eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft Wien brachte einen Strafantrag wegen versuchter Körperverletzung ein, teilte Behördensprecherin Nina Bussek am Freitag auf mit. Die Verhandlung findet am 1. März statt, gab die Sprecherin des Straflandesgerichts, Christina Salzborn, bekannt.

Video zeigt mutmaßlichen Polizeiübergriff

Stadtzeitung Falter, Vice

Amnesty International (ai) kritisierte den Polizeieinsatz

Der Polizist, der von den Anwälten Alfred Boran und Dieter Heck vertreten wird, wird sich „nicht schuldig“ bekennen. „Es sind in diesem Fall keine Verletzungen objektiviert. Das angebliche Opfer ist am nächsten Tag bei einem Autoeinbruch in Wiener Neustadt ertappt und dazu einvernommen worden. Dabei wurden keine Verletzungsspuren wahrgenommen. Er ist auch nicht zum Amtsarzt gegangen“, meinte Heck im Gespräch mit der APA.

Anrainer filmte Geschehen

Der Fall wurde publik, weil ein Anrainer das Geschehen mitgefilmt und das knapp zweiminütige Video den Medien zugespielt hatte - mehr dazu in Übergriff: Polizisten werden versetzt. Der Mitschnitt zeigt, wie der Festgenommene ruhig und mit am Rücken gefesselten Händen an einer Hauswand steht, wobei sein Gesicht der Mauer zugewandt ist.

Dann reißt ihn einer der beiden Polizisten kurz nach hinten, dreht ihn um und drückt ihn gegen die Wand. Sein Kollege packt den Mann am Hals und stößt ihn zu Boden. Da die Arme des 27-Jährigen fixiert sind, schlägt er mit dem Kopf auf dem Asphalt auf, ein Schrei ist zu hören. Kurze Zeit später setzen die Polizisten den Gefesselten mit dem Rücken zur Hausmauer auf den Gehsteig. „Das Zu-Boden-Bringen war zu viel“, begründete die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, weshalb sich der betreffende Polizist nun vor Gericht verantworten muss.

27-Jähriger setzte sich nach Deutschland ab

Der mutmaßliche Taschendieb, ein 27-jähriger algerischer Asylwerber, blieb nach dem Vorfall auf freiem Fuß und wurde nicht in U-Haft genommen. In weiterer Folge dürfte er sich nach Deutschland abgesetzt haben. Im Verfahren gegen die Polizei stand er jedenfalls nicht mehr als Zeuge zur Verfügung und konnte auch nicht von einem medizinischen Sachverständigen begutachtet werden.

Verfahren gegen weitere Beamte eingestellt

Insgesamt waren vier Beamte ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Das Verfahren gegen den zweiten Beamten, der den Asylwerber auch nicht unbedingt sanft anpackte, wurde eingestellt, „weil man ihm keinen Verletzungsvorsatz nachweisen konnte“, erläuterte Bussek. Das Opfer sei „nicht greifbar“, aus dem Video und den Aussagen anderer Zeugen hätten sich keine Indizien ergeben, „dass der zweite Beamte den Mann in irgendeiner Form verletzt hätte“ - mehr dazu in Polizeigewalt: Verfahren eingestellt.

Keine strafrechtlichen Folgen gibt es für zwei weitere Polizisten, die in den Verdacht geraten waren, sie hätten den Vorfall falsch dokumentiert, indem sie ein Protokoll anfertigten, in dem behauptet wurde, der Festgenommene habe sich gewehrt und sich seine Verletzungen ohne fremdes Zutun zugezogen. Ihr Verfahren wegen Verdachts in Richtung Amtsmissbrauch wurde ebenfalls eingestellt, berichtete Bussek.

Anwälte von Freispruch überzeugt

Die Rechtsvertreter des zur Anklage gebrachten Polizisten sind überzeugt, dass dieser am Ende freigesprochen wird. Nach der Veröffentlichung des Videos waren die beiden darauf ersichtlichen Beamten vom operativen Außendienst abgezogen und in den Innendienst versetzt worden. Ein internes Disziplinarverfahren wurde eingeleitet.