Vertriebene erzählen ihre Geschichten
Es handelt sich um „ein mitteleuropäisches Geschichtsprojekt“, das gleichzeitig in Wien, Prag und Bratislava gezeigt wird, wie Kurator Georg Traska erklärt. Nach einer Startfinanzierung durch den Zukunftsfonds der Republik Österreich wurde es vor allem von der EU-Kommission gefördert. Das Material wurde von den Partnern in den drei Ländern erarbeitet und werde gemeinsam verantwortet: „Die Grundintention war eine gemeinsame Erzählung zu diesem historischen Abschnitt.“
Georg Traska
YouTube-Kanal zu Gesprächspartnern
Um einen „multiperspektivischen Blick auf die sehr komplexe und aufgeladene wechselseitige Vertreibungsgeschichte“ zu ermöglichen, so Direktor Matthias Beitl, wurden in Österreich, Tschechien und der Slowakei 37 Gesprächspartner interviewt. In der Oral History, einer Form der Geschichtsforschung, ginge es darum, auf möglichst „frische“, individuelle und nicht von kollektiven Narrativen überschriebene Erfahrungen zu stoßen. Viele der Interviewpartner teilten erstmals öffentlich ihre Erinnerungen.
Ausstellungshinweis
„Vertriebene und Verbliebene erzählen. Tschechoslowakei 1937-1948“, 9. Februar bis 10. April, Volkskundemuseum Wien.
Die Interviews wurden in einer großen Videoinstallation mit 15 thematischen Stationen wie „Nachbarschaft und Freundschaft“, „Zwischen Identitäten“ und „Vertreibung“ zusammengeschnitten. Das liefert eine vielstimmige und mehrsprachige Aufarbeitung von biografischen Erfahrungen in einer traumatisierenden Zeit der Entvölkerung und Neubesiedlung. Biografisch orientiert sind eigene kurze Videos, die sich auf zwei Terminals und auf einem YouTube-Kanal zu den Gesprächspartnern abrufen lassen.
Georg Traska
Gespräche mit Zeitzeugen
Im Rahmenprogramm der bis 10. April laufenden Ausstellung finden am 18. Februar im Volkskundemuseum, am 3. März im Slowakischen Institut und am 8. März im Tschechischen Zentrum Wien auch moderierte Gespräche mit einigen der interviewten Zeitzeugen statt. Das erarbeitete Forschungsprojekt wird in Prag im Neustädter Rathaus und in Bratislava in der Universitätsbibliothek gezeigt.
Im Volkskundemuseum Wien, wo man sich 2015 über einen Rekord von rund 40.000 Besuchern freuen konnte, legt man im diesjährigen Ausstellungsprogramm einen starken Fokus auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Am 26. April wird die Schau „SchwarzÖsterreich. Die Kinder afroamerikanischer Besatzungssoldaten“ eröffnet, ab 14. Oktober beschäftigt sich „Fremde im Visier“ mit „Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg“.