IS-Prozess: 17-Jährige verurteilt

Mit einem Schuldspruch ist der Prozess um eine 17-jährige Schwedin kurz vor Mittag in Wien zu Ende gegangen. Sie stand als mutmaßliche Terroristin vor Gericht. Das nicht rechtskräftige Urteil: ein Jahr Haft, elf Monate davon bedingt.

Der Schuldspruch erfolgte wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung. Die 17-Jährige habe sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) anschließen wollen, so der Vorsitzende Richter Andreas Hautz. Es gehe nicht wie von der Verteidigung behauptet um Meinungsfreiheit, sondern darum, dass die Angeklagte nach Syrien wollte und sicherlich die Gräueltaten des IS gutgeheißen habe. Das sei belegt durch Chatprotokolle auf ihrem Handy und durch Propagandamaterial des IS, das ebenfalls auf dem Handy gefunden wurde.

Ein Monat der Strafe wurde unbedingt ausgesprochen, der Rest wurde auf Bewährung nachgesehen. Das Mädchen nahm das Urteil ohne jede äußerliche Reaktion entgegen. Da die mehr als zweimonatige Untersuchungshaft auf die Strafe anzurechnen war, öffneten sich für die Jugendliche nach der Verhandlung die Gefängnistore. „Es ist nicht notwendig, die Angeklagte weiter einzusperren“, hielt Hautz in der Urteilsbegründung fest.

Anwalt verwies auf freie Meinungsäußerung

Es sei jetzt wichtig, dass die 17-Jährige in ihre Heimat zurückkehre „und man dort die nötigen Maßnahmen ergreift, eventuell durch Jugendwohlfahrtsbehörden“, stellte Hautz fest. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Während Verteidiger Wolfgang Blaschitz die Gerichtsentscheidung akzeptierte, gab Staatsanwalt Florian Pöschl vorerst keine Erklärung ab.

Zum Auftakt des Prozesses hatte der Anwalt des Mädchens, Wolfgang Blaschitz, betont, seine Mandantin habe zu keinem Zeitpunkt Kontakt zu Mitgliedern des IS gehabt und sich allenfalls mit Sympathisanten der Terrormiliz unterhalten. Das sei nicht strafbar, verwies er auf das Recht auf freie Meinungsäußerung. Objektiv sei im vorliegenden Fall das Tatbild der terroristischen Vereinigung nicht erfüllt: „Die Anklage scheitert bereits auf der Tatsachenebene“, so der Verteidiger.

Angeklagte wollte nichts mehr sagen

„Ich wollte andere Mädchen treffen“, sagte die Angeklagte zunächst noch vor Gericht aus. Als sie ohne Reisepass und mit 171 Euro in Wien ankam, habe sie gleich wieder nach Hause fahren wollen. Sie wiederholte schwer nachvollziehbar, dass sie die Mädchen, die sie angeblich treffen wollte, aus Sozialen Netzwerken, nicht aber namentlich kenne. Danach wollte sie Fragen von Richter Andreas Hautz nicht mehr beantworten, darunter etwa Fragen zu ihrer Einstellung zum IS. Zum Prozess waren zahlreiche Medienvertreter aus Schweden und auch die Eltern der 17-Jährigen nach Wien gekommen.

Die Staatsanwaltschaft Wien warf dem Mädchen mit somalischen Wurzeln vor, es habe über die Balkan-Route nach Syrien gelangen wollen, um sich dort dem Islamischen Staat anzuschließen. Laut Staatsanwalt Florian Pöschl war die Schülerin von Linköping über Kopenhagen und Berlin bis nach Wien gelangt. Hier wollte sich die Schwedin mit drei Mädchen treffen, die wie sie somalische Wurzeln haben. Die vier wollten sich Wien ansehen, wie die Angeklagte angab - mehr dazu in 17-Jährige auf Weg nach Syrien festgenommen.

Belastende Chatprotokolle und Fotos

Den Eltern des Mädchens gelang es, die Vermisste mittels Handyortung in Wien zu finden, worauf sie sich an die österreichischen Behörden wandten. Sie äußerten die Befürchtung, dass ihre Tochter, die sich zuletzt radikalisiert habe, auf dem Weg nach Syrien sei oder einen Anschlag planen könnte. Die Wiener Polizei konnte das Mädchen schließlich auf dem Westbahnhof festnehmen.

TV-Hinweis

„Wien heute“, 18.2.2016

Bei der Untersuchung des Handys war laut Anklage Belastungsmaterial in Form von Chatprotokollen und abgespeichertem Propagandamaterial gefunden worden. Nachrichten wie „Aber wenn sie sich nicht bekehren lassen, darfst du sie töten“ wurden ebenso festgehalten wie Gutheißungen des Paris-Terrors.

Da soll die Angeklagte geschrieben haben: „(...) man zahlt Frankreich seine Aktionen in Syrien zurück“ oder „Wenn du für diesen großen Sieg ... keine Freunde empfinden kannst, bist du in deinem Herzen scheinheilig.“ Zudem wurden laut Anklagebehörde Fotos der IS auf dem Handy gefunden, „wovon einige Enthauptungen und andere Gräueltaten zeigen“.

Kein Bezug zu Österreich

Die schwedischen Behörden hatten nach der Festnahme des Mädchens kein Auslieferungsbegehren gestellt - mehr dazu in 17-Jährige Schwedin: Keine Auslieferung. Denn das, was die Wiener Justiz der Jugendlichen vorwirft, ist nach schwedischem Recht nicht strafbar. Infolgedessen wurde ein Inlandsverfahren eröffnet, und die 17-Jährige, die nicht den geringsten Bezug zu Österreich hat, angeklagt.

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