Misshandlung: Polizist freigesprochen

Ein Polizist, der am 28. Juli 2015 einen Taschendieb bei dessen Festnahme misshandelt haben soll, ist am Dienstag im Wiener Straflandesgericht „im Zweifel“ vom Vorwurf der versuchten Körperverletzung freigesprochen worden.

Die Staatsanwaltschaft meldete Rechtsmittel an, womit sich nun die nächste Instanz mit der Causa beschäftigen muss.

Dieb misshandelt: Polizist freigesprochen

Ein Polizist, der am 28. Juli 2015 einen Taschendieb bei dessen Festnahme misshandelt haben soll, ist am Straflandesgericht freigesprochen worden.

Die Misshandlungsvorwürfe wurden publik, nachdem ein Anrainer in einer Straße unweit des Pratersterns in Wien-Leopoldstadt die Amtshandlung mit dem Handy gefilmt und Medien zugespielt hatte. Auf dem Mitschnitt, der auch bei der Verhandlung gezeigt wurde, ist zu sehen, wie der Festgenommene ruhig und mit am Rücken gefesselten Händen an einer Hauswand steht, wobei sein Gesicht der Mauer zugewandt ist.

Angeklagter Polizist vor Prozess wegen Misshandlung eines Taschendiebs

APA/Herbert Pfarrhofer

Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig

Dann reißt ihn einer der beiden zu sehenden Polizisten kurz nach hinten, dreht ihn um und drückt ihn gegen die Wand. Sein Kollege packt den Mann am Hals und stößt ihn zu Boden. Da die Arme des 27-Jährigen fixiert sind, schlägt er mit dem Kopf auf dem Asphalt auf, ein Schrei ist zu hören. Für die Staatsanwaltschaft stand fest, dass der Polizist dabei eine Verletzung des Mannes zumindest in Kauf genommen hat.

Polizist sah „unkooperatives Verhalten“

Der Polizist bekannte sich „nicht schuldig“. „Es war nicht meine Absicht, ihm weh zu tun, ich wollte nicht, dass er zu Schaden kommt“, sagte der Angeklagte vor Gericht. Die Maßnahme sei vielmehr notwendig gewesen, weil er den Eindruck hatte, dass der 27-Jährige seinen Kollegen attackieren wollte. „Es ist sehr schnell gegangen. Er hat das Bein gehoben und ich dachte, er will ihn treten“, sagte der Beschuldigte. Daraufhin habe er den Verdächtigen „zu schnell“ zu Boden gebracht.

Der zweite an dem Einsatz beteiligte Polizist - gegen ihn wurde das Verfahren bereits eingestellt - unterstrich im wesentlichen die Aussagen des Angeklagten. Der Festgenommene habe sich „unkooperativ verhalten“ und sich immer wieder mit dem Oberkörper der Fixierung widersetzt. Als er kurz frei kam, glaubte der Polizist, dass der 27-Jährige „mit dem Oberkörper auf mich losgehen wollte“. Sein Kollege sei ihm zu Hilfe gekommen - mehr dazu in Polizeigewalt: Verfahren eingestellt.

Video zeigt mutmaßlichen Polizeiübergriff

Stadtzeitung Falter, Vice

Amnesty International kritisierte den Polizeieinsatz

„Im Zweifel“ freigesprochen

Inwieweit diese Aussagen auch in dem Video zu sehen waren, war offenbar Ansichtssache. Richter Georg Olschak konnte jedenfalls keine eindeutige Angriffsbewegung des Angehaltenen erkennen, wobei die Füße auf dem Video nicht zu sehen waren. Deshalb sprach der Richter den Beschuldigten auch im Zweifel frei.

„Das war aber alles andere als eine gelungene Amtshandlung“, kritisierte Olschak. Den Polizisten kam wohl auch zu gute, dass das Opfer nicht vor Gericht erschienen war. Er wurde einen Tag nach der Amtshandlung in Wiener Neustadt erneut bei einer Straftat ertappt und dürfte sich inzwischen nach Deutschland abgesetzt haben.