Gefährlicher psychisch Kranker zu früh entlassen

Ein gefährlicher psychisch Kranker ist im Vorjahr offenbar zu früh aus dem Maßnahmenvollzug entlassen worden. Keine zwei Wochen später bedrohte der Mann seine Ex-Freundin, deren Anwältin und seine Bewährungshelferin mit dem Tod.

Alle drei waren überzeugt, dass vom 42-Jährigen eine reale Gefahr ausging. Am Dienstag wurde er in Wien nach einer turbulenten Verhandlung wieder eingewiesen. Nachdem er seine Ex-Freundin mit wüsten Drohungen eingedeckt und überdies beharrlich verfolgt hatte, wurde der Mann auf Basis eines psychiatrischen Gutachtens im Jahr 2012 erstmals in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher untergebracht.

Behandlungen abgelehnt

Er lehnte jegliche Behandlung ab und behauptete, völlig gesund zu sein. Nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung wurde er in insgesamt drei verschiedene Sonderstrafanstalten verlegt - dem Vernehmen nach auch deshalb, weil man mit dem schwierigen Insassen immer wieder überfordert war. Zuletzt kam er in die Justizanstalt Garsten, wo es eine eigene Maßnahmenabteilung gibt.

Nach insgesamt dreijähriger Anhaltung hielt das zuständige Landesgericht Steyr den Zeitpunkt für gekommen, um den Mann gegen Auflagen - unter anderem wurde Bewährungshilfe angeordnet - wieder auf freien Fuß zu setzen. Am 30. Jänner 2015 öffneten sich für den 42-Jährigen die Gefängnistore.

„Ihr müsst alle sterben“

Bereits am 9. Februar schrieb er per Mail erstmals der Rechtsvertreterin seiner Ex-Freundin und kündigte an, er werde „vorbeikommen“. Am 12. Februar folgte ein Mail, in dem er der Anwältin, der Ex-Freundin und der ihm zugeteilten Bewährungshelferin mitteilte: „Ihr müsst alle sterben, das müsst ihr. Ich freu mich so sehr, dass ihr alle sterben müsst.“ Vor allem die Ex-Freundin, die bereits erheblich unter den Nachstellungen und Drohungen des 42-Jährigen gelitten hatte, fürchtete sich. Die drei Frauen erstatteten Anzeige.

Der erfahrene Gerichtspsychiater Heinz Pfolz wurde mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens betraut, das Grundlage eines staatsanwaltschaftlichen Antrags auf neuerliche, zeitlich unbefristete Unterbringung im Maßnahmenvollzug war, über den heute im Wiener Landesgericht verhandelt wurde.

Ausgeprägtes Wahnsystem

Pfolz bescheinigte dem 42-Jährigen ein ausgeprägtes Wahnsystem. Infolge seiner anhaltenden wahnhaften Störungen sei der Mann zurechnungsunfähig. Die Zukunftsprognose sei ungünstig, da das Verhalten des Betroffenen von aggressivem Vorgehen gegenüber anderen gekennzeichnet sei.

Bereits vor Jahren hätte der 42-Jährige gemeint, „etwas“ aus dem Körper seiner Ex-Freundin „herausholen“ zu müssen, wobei es keine Rolle spiele, wenn es sich dabei um ihre Leiche handle. Ein Gewaltausbruch sei „jederzeit möglich“, betonte der Gerichtspsychiater, der auf die fehlende Krankheitseinsicht und die nach wie vor nicht gegebene Therapiewilligkeit des 42-Jährigen verwies.

Darauf flippte der Betroffene zumindest verbal aus. Er bezeichnete Pfolz als „Straftäter“ und „völlig unfähigen Sachverständigen, der mir Krankheiten aufschwatzt“. Bei dessen Ausführungen handle es sich um „esoterische Privatreligion“. Er werde vom Gutachter „nicht respektiert. Ich bin psychisch vollkommen gesund. Ich brauche die Medikamente nicht“, bemerkte der 42-Jährige.

Drohmail nur „Satire“

Das prozessgegenständliche Mail bezeichnete der Mann als „Satire“, vor der sich keiner fürchten müsse: „Wenn die da etwas hineininterpretieren, ist das nicht meine Schuld. Jeder Mensch ist sterblich. Ich bin nicht für die Fehlinterpretation anderer Leute verantwortlich.“ Er habe „gewusst, was ich da tue. Ich bin der friedlichste Mensch“.

Nach 15-minütiger Beratung gab das Gericht dem Unterbringungsantrag Folge. Die vorsitzende Richterin Petra Poschalko verwies auf das Gutachten des Sachverständigen und betonte, dem 42-Jährigen wäre es gerade darauf angekommen, die Empfängerinnen seiner Mail in Furcht und Unruhe zu versetzen: „Wäre Zurechnungsfähigkeit gegeben, würde eine gefährliche Drohung vorliegen. Das sind keinesfalls Scherzerklärungen.“

„Eine Fehlentscheidung“, rief der 42-Jährige. Und Richtung Senat bemerkte er: „Die kennen sich nicht aus. Weil sie sich hineinsteigern in etwas. Die sind so deppert!“ Er meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ist daher vorerst nicht rechtskräftig.