Klimt, Picasso und Co.: Formkunst im Belvedere

Die umfassende Ausstellung „Klimt, Kupka, Picasso und andere - Formkunst“ im Unteren Belvedere umreißt die Donaumonarchie als eine der Wiegen für ungegenständliche Kunst. Die Schau beginnt am Donnerstag und läuft bis 19. Juni.

Im heutigen Schulsystem nimmt bildnerische Erziehung eine eher untergeordnete Rolle ein. In den ehemaligen Kronländern der Donaumonarchie aber war der einheitliche Zeichenunterricht von großer Bedeutung - und ist als Nährboden für ungegenständliche Kunst zu sehen, wie die Ausstellung „Klimt, Kupka, Picasso und andere - Formkunst“ im Unteren Belvedere suggeriert.

280 teils prominente Exponate

Die umfangreiche programmatische Schau stelle erstmals das Schaffen tschechischer Kubisten und Formkünstler der Wiener Secession in einen gemeinsamen Kontext, so Belvedere-Chefin Agnes Husslein-Arco bei einer Presseführung am Mittwoch. „Mit großer Vehemenz“ habe Kurator Alexander Klee das Beziehungsgeflecht in diesem Kulturraum erforscht und 280 teils prominente Exponate zusammengetragen - darunter etwa Josef Hoffmanns berühmte puristische Supraporte aus der Beethoven-Ausstellung der Wiener Secession (1902) und Gustav Klimts „Bildnis von Fritza Riedler“ (1906).

Gleiche Bildung, individuelle Entwicklung

„Mit dieser einheitlichen, zeichnerischen Sprache war die Donaumonarchie wegweisend“, so der Kurator, „wir können davon ausgehen, dass alle Künstler aus dieser Ausstellung auf derselben Basis unterrichtet wurden.“ Der These liegen laut Klee die Schulreformen um 1850 zugrunde, die auch den verpflichtenden, flächendeckend einheitlichen Zeichenunterricht mit sich brachten. Nach dem Ansatz des deutschen Philosophen und Pädagogen Johann Friedrich Herbart lernten Schüler auf Grundlage der geometrischen Trigonometrie rhombische, kubische und flächige Formen in Freihand zu zeichnen und aus einzelnen Formen ein Ganzes zusammenbauen.

Ausstellungshinweis

„Klimt, Kupka, Picasso und andere - Formkunst“, von 10. März bis 19. Juni, Unteres Belvedere, täglich 10.00 bis 18.00, mittwochs bis 21.00 Uhr.

Ob also Frantisek Kupka, Gustav Klimt oder Josef Hoffmann: Sie alle entwickelten sich später individuell weiter, sollten jedoch „ihr ganzes Leben dasselbe Handwerkzeug mit sich getragen“, so Klee. Die Ausstellung lade dazu ein, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erkennen und dieses Charakteristikum eines Kulturraumes „wieder ins Gedächtnis zu rufen, nachdem es zuletzt in Österreich ein wenig ins Hintertreffen geraten ist“.

In den Gegenüberstellungen wird etwa im tschechischen Kubismus eine starke Ornamentalität ersichtlich, scheint die Formkunst der Wiener Secession von horizontalen und vertikalen Mustern geprägt und kennzeichnen geometrische Flächen vor allem ungarische Konstruktivisten. Zuletzt wird auch der Wiener Kinetismus samt Werken der Hauptvertreterin Erika Giovanna Klien mit der Formkunst in Bezug gestellt.

Parallelen zu Picasso

Möglichst viel Zeit sollte ein Besucher für die „Spurensuche“ einplanen, die neben Gemälden und Grafiken auch Modelle, Möbelstücke, Skulpturen und sogar Spielzeug umfasst. Ein eigener Raum verbindet die Wiener Werkstätte mit der tschechischen Künstlergenossenschaft Artel: Dominieren etwa in den Keramiken von Bertold Löffler und Hoffmann Quadrate, sind es bei Vasen von Jaroslav Horejc vorrangig Dreiecke.

Belvedere Klimt

Belvedere, Wien

Dass sich im Rundgang wie auch im Ausstellungstitel Pablo Picasso wiederfindet, ist der Affinität der tschechischen Kubisten zum französischen Kubismus geschuldet. Emil Fillas „Zuschauer“ aus dem Jahr 1912 zeigt deutliche Ähnlichkeiten mit Picassos „Bildnis Fernande Olivier“ (1909). Und der berühmte Vexiereffekt, so Klee, sei Schülern der ehemaligen Kronländer dank Drahtmodellen ohnehin bekannt gewesen: „Was bei Picasso besonders war, war in der Donaumonarchie Schulalltag.“

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