Lotte Tobisch: „Bin gerne alt“

Am Ostermontag feiert Lotte Tobisch ihren 90. Geburtstag. Im „Wien heute“-Interview zeigte sie ihre Enttäuschung über Europa in der Flüchtlingskrise und versicherte, dass runde Geburtstage keine Krise auslösen: „Ich bin gerne alt.“

„Mit 30 Jahren hab ich das Gefühl gehabt, die Teenager-Zeit ist vorbei, jetzt bis Du erwachsen. Aber seither nein - ich bin jetzt gern alt, bis auf die Wehwehchen, die man hat. Ein so hohes Alter hat eine wunderbare Sache, wenn man halbwegs unabhängig ist und eine gute Pension hat: Man braucht auf sich selber keine Rücksicht mehr nehmen und sagen, was man denkt. Das habe ich immer gemacht und jetzt noch besser, das genieße ich schon sehr“, meinte Lotte Tobisch im „Wien heute“-Interview.

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„Wien heute“-Interview

Lotte Tobisch spricht im Interview mit ORF-Wien-Chefredakteur Paul Tesarek über ihren 90. Geburtstag und ihr neues Buch.

Enttäuschung über Europa

Zur Flüchtlingskrise versicherte Tobisch ihren Standpunkt, den sie „in allen Krisen“ vertritt: „Man muss miteinander reden. Diese Flüchtlingssache ist grauenhaft, aber wenn ich mir vorstelle, dass Europa 550 Millionen Einwohner hat, kann ich die Welt nicht verstehen, dass zwei oder drei Millionen - nicht für ewig aber in irgendeiner Form - untergebracht werden, bis dort ein Zustand gefunden werden kann, damit ein großer Teil wieder zurück kann. Das ist ein großes Versagen von Europa und das bedrückt und enttäuscht mich auch sehr.“

16 Jahre lang war Lotte Tobisch als Organisatorin des Opernballs im Einsatz und erlebte dabei Demonstrationen, Starrummel und Stornierungen. „Den Opernball habe ich so genommen wie ich sehr vieles und vor allem mich selber nehme: Ernsthaft machen aber nicht ernst nehmen. Ich habe den Ball sehr akribisch und genau gemacht, aber das ist ein Faschingsfest und nicht der Nabelpunkt der Welt. Der Opernball war nicht der Mittelpunkt meines Lebens“, meinte Tobisch.

Schon vor der Bekanntgabe von Maria Großbauer als neuer Opernball-Organisatorin hatte sich Tobisch gegen eine Nachfolgerin von Desiree Treichl-Stürgkh ausgesprochen. „Der Direktor soll das selber übernehmen als Chef, und das Büro funktioniert sowieso“, meinte Tobisch im Jänner, „Diese Art von Besetzungskarussell, das ist zu blöd.“ - mehr dazu in Lotte Tobisch gegen neue Opernball-Lady (wien.ORF.at; 26.1.2016)

Präsidentin bei „Künstler helfen Künstlern“

Ein voller Terminkalender gehört für Lotte Tobisch weiter zum Alltag. So ist sie Präsidentin des Vereins „Künstler helfen Künstlern“, der in Baden ein Alterswohnheim betreibt. Außerdem setzt sie sich für Alzheimer-Betroffene ein. „Ich treibe Geld auf, ich verkaufe mich ununterbrochen für mein Altersheim - da schnorre ich. Das ist mühsam. Da sind Veranstaltungen, wo ich hingehe. Aber das hat Gründe, das ist kein Privatvergnügen“, hatte Tobisch in einem APA-Interview ihre Auftritte bei Seitenblicke-Events erklärt.

„Lotte Tobisch, Ansichten einer Grande Dame“ finden Sie unter tvthek.ORF.at.

Den 90. Geburtstag am 28. März will sie ohne eigene Feier im Künstlerheim verbringen. Gefeiert wurde bereits im Marchfelderhof, der ORF bringt zum Geburtstag eine Dokumentation und am 19. April erscheint das neue Tobisch-Buch „Alter ist nichts für Phantasielose“ an. „Das sind keine Memoiren, sondern gesammelte Aufsätze, die ich in meinem Leben geschrieben habe. Ich schreibe auch über interessante Begegnungen, die ich gehabt habe“, erläuterte Tobisch im „Wien heute“-Interview.

Am 24. April findet dann im Ronacher ihr zu Ehren und zugunsten von „Künstler helfen Künstlern" eine Matinee statt: "...Und Gott lachte! Der jüdische Witz und die Musik der Klezmorim“ mit Giora Feidman und Miguel Herz-Kestranek.

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