Drogen: „Am Schwarzmarkt kein Beipackzettel“

Derzeit sind in Wien hochdosierte Ecstasy-Tabletten in Umlauf. Im Interview mit wien.ORF.at spricht Karl Kociper, der Leiter der Drogenberatungsstelle checkit!, über damit verbundene Risiken und die Vorgehensweise seiner Mitarbeiter auf Partys.

Die Einrichtung checkit! der Suchthilfe Wien wurde 1997 zu einer Zeit gegründet, als die Rave-Szene groß wurde. Neue, noch kaum erforsche Substanzen waren eng mit dieser Partykultur verknüpft. Seither veränderten sich die Szene und der Markt. Seit einigen Monaten sind etwa immer mehr „sehr hochdosierte Drogen“, vor allem Ecstasy, in Umlauf - mehr dazu in Warnung vor hoch dosierten Drogen.

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ORF/Matthias Lang

Das Projekt checkit! gibt es seit 19 Jahren auf Partys in Wien

wien.ORF.at: Welche gefährlichen Stoffe sind in Umlauf?

Karl Kociper: Es sind immer noch dieselben Substanzen, die konsumiert werden. Wir arbeiten im Bereich Freizeitdrogen, da gehören fast alle Substanzen dazu - angefangen bei Alkohol und Cannabis bis zu Kokain und Ecstasy. Dieses Spektrum ist annähernd gleichgeblieben. Was sich schon ändert, ist der Drogenmarkt an sich.

Wenn ein Konsument auf der Straße Ecstasy kaufen will, dann erwartet er, dass der Wirkstoff MDMA enthalten ist. Auf dem Schwarzmarkt gibt es allerdings keinen Beipackzettel, der zeigt, was genau drinnen ist. Auch Substanzen wie Speed oder Kokain enthalten in vielen Fällen Strecksubstanzen wie Medikamente oder andere psychoaktive Substanzen. In vielen Fällen ist etwas enthalten, das der Konsument nicht erwartet und dadurch ein erhöhtes Risiko besteht, wenn die Substanz konsumiert wird.

Es ist schon so, dass neue psychoaktive Substanzen auftauchen. Aber es kommt selten vor, dass diese Substanzen explizit gesucht werden. Das spielt sich meist im kleinen Rahmen ab.

wien.ORF.at: Was machen Sie, wenn gefährliche Substanzen in Proben gefunden werden?

Kociper: Zuerst ist das Ergebnis wichtig für die Person, die beim Drug Checking, der Drogenanalyse von checkit!, die Probe abgegeben hat. Sie kommt im Normalfall zu unserem Stand zurück, wenn die Analyse fertig ist. Unsere Mitarbeiter versuchen dann in ein Beratungsgespräch einzusteigen. Das ist nicht nur eine Ergebnisweitergabe, wir geben auch Infos zur Substanz weiter und steigen in eine Konsumreflexion mit dem Konsumenten ein.

Für den Fall, dass etwas sehr Gefährliches auftaucht, würden wir groß mit Aushängen und Durchsagen warnen. Das wäre zum Beispiel im Fall von PMA (Paramethoxyamphetamin), das bei Unkenntnis sehr leicht überdosiert werden kann. Im schlimmsten Fall kann das zum Tod führen.

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ORF/Matthias Lang

Drogenchecks gibt es nur auf Veranstaltungen, nicht in der Beratungsstelle

wien.ORF.at: Wie ist checkit! entstanden?

Kociper: checkit! ist als Partyprojekt gestartet. Damals war die Zeit der großen „Gasometer-Raves“, wo elektronische Musik populär wurde. Die Substanzen waren recht neu und man wusste wenig darüber. Die Konsumenten wurden aber auch nicht von herkömmlichen Drogenberatungsstellen erreicht. Der Plan war: Wenn die Leute nicht in eine Beratungsstelle kommen, dann kommt man dorthin, wo die Substanzen konsumiert werden. Das hat sich weiterentwickelt. Heute ist checkit! nicht mehr nur auf den Partys, sondern es gibt die Beratungsstelle in der Gumpendorfer Straße.

wien.ORF.at: Wie läuft der Drogencheck ab?

Kociper: Wir sind ein wissenschaftliches Gemeinschaftsprojekt von Suchthilfe Wien und Medizinischer Universität. Außerdem haben wir unsere eigenen Chemiker und Pharmazeuten, die die Analysen machen. Die Analyse ist kein ungenauer Schnelltest, die dauert ungefähr eine Stunde. Wir können da sehr genau feststellen, welche Substanzen in der Probe sind.

wien.ORF.at: Wann kommen Berater zu Veranstaltungen?

Kociper: Wir arbeiten mit Veranstaltern zusammen, drängen uns aber nicht auf. Einerseits fragen Veranstalter bei uns an, andererseits ist es auch so, dass wir auch im Nachtleben unterwegs sind. Wenn da irgendwie das Gefühl entsteht, dass es wichtig sein könnte, wenn checkit! hier vor Ort wäre, dann treten wir auch aktiv mit Veranstaltern in Kontakt.

wien.ORF.at: Wann ist euer nächster Einsatz?

Kociper: Das steht leider noch nicht fest. Wir hatten unseren letzten Einsatz vergangenes Wochenende. Die Termine sind immer auf unserer Homepage zu finden. Wichtig zu sagen ist, dass Drug Checking nur auf Partys möglich ist. In der Beratungsstelle wird Beratung telefonisch, online oder persönlich angeboten.

Das Gespräch führte Matthias Lang, wien.ORF.at

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