Mindestsicherung: Kovacs beendet Selbstversuch

Joachim Kovacs, der Landessprecher der Wiener Grünen, hat nach eigener Aussage einen Monat lang von 7,50 Euro am Tag gelebt. Sein Fazit nach dem Selbstversuch: Mindestsicherung „ist das Mindeste. Sie zu kürzen ist das Letzte“.

„Viele Betroffene haben es voraus gesagt, ich konnte es nicht glauben, aber es stimmt: Man wird einsam. Im Politsprech heißt das ‚soziale Exklusion’. Der Selbstversuch hat mich verändert. Es haben sich viele Betroffene bei mir gemeldet, um mir ihre Geschichte zu erzählen. Viele schämen sich für ihre Situation. Doch langsam gelingt es uns, das Tabu zu brechen“, so Kovacs.

„Mindestsicherung ist kein Almosen“

Von 1. bis 31 März lebte der Grüne von 7,50 Euro pro Tag. Das entspricht etwa so viel, wovon man abzüglich der Fixkosten, bei Bezug von Mindestsicherung leben muss, so Kovacs. Sein Fazit: „Die Mindestsicherung ist kein Almosen. Sie ist die Hand, die dir gereicht wird, damit du wieder aufstehst, wenn du am Boden liegst. Sie ist das Mindeste. Sie zu kürzen ist das Letzte.“

Joachim Kovacs

Grüne Wien

Joachim Kovacs beim Einkaufen

Blog löste Kritik und Diskussionen aus

„Ich bin nicht arm und ich ‚spiele’ auch nicht arm. Ich will zeigen, wie schwer es ist, mit so wenig auszukommen. Und ich will jene Politikerinnen und Politiker zur Einsicht bringen, die die Mindestsicherung kürzen wollen“, schrieb Kovacs in seinem Blog, wo er seinen Versuch dokumentierte und viel Feedback erhielt, sowohl Kritik als auch Erfahrungsaustausch mit Betroffenen - mehr dazu in Streit um Mindestsicherungs-Kürzungen.

In seinem Blog räumt Kovacs auch mit Mythen über Mindestsicherungs-Bezieher auf. Es ist laut Kovacs etwa nicht richtig, dass "Mindestsicherungs-Bezieher alle arbeitslos sind und weit über 800 Euro bekommen.“ Vielmehr richtig sei, dass der größte Brocken im Bereich der Mindestsicherung Ergänzungsleistungen sind, die ausbezahlt werden, wenn das Einkommen zum Auskommen nicht reicht.

Kampf gegen „Mindestsicherungsmythen“

Auch, dass „kaum noch wer arbeiten geht“ und es ein „Wahnsinn sei, wie viele Menschen von Mindestsicherung leben“, sei nicht korrekt. Denn in Österreich seien 0,18 Prozent der Bevölkerung auf Mindestsicherung angewiesen. Die Ausgaben für die Mindestsicherung beliefen sich im Jahr 2013 auf 600 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die Ausgaben für Sport und Freizeit lagen bei 900 Millionen Euro. Die Hype kostet den Steuerzahlern bis zu 19 Milliarden Euro. „Damit könnte man für die nächsten 30 Jahre die gesamten Kosten für die Mindestsicherung tragen“, so Kovacs.

Es sei etwa auch nicht richtig, dass „die Mindestsicherung dem Sozialbetrug Tür und Tor öffnet”, so Kovacs. Gegen 0,8 Prozent der als arbeitslos gemeldeten Mindestsicherungs-Bezieher gab es Sanktionen wegen Arbeitsunwilligkeit. Wer betrügt, habe mit Strafen von bis zu 4.000 Euro zu rechnen. Vor dem ersten Bezug werde unter anderem in die Kontoauszüge der letzten drei bis sechs Monate eingesehen, das Nebeneinkommen festgestellt, Einsicht in Mietverträge und ins Grundbuch genommen.

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