Das Geschäft mit dem Fremdgehen

Rund 5.000 Euro kostet eine Seitensprung-Observation durch einen Detektiv. Doch nicht nur diese verdienen viel Geld mit dem Fremdgehen. Neben Treuetestern und Seitensprungportalen sind etliche Geschäftsmodelle entstanden.

88 Prozent der Männer, 25 Prozent der Frauen sind untreu, lautet das bisherige Ergebnis der Agentur Die Treuetester. Besorgte Frauen und Männer können diese Agentur beauftragen, um herauszufinden, ob ihr Partner fremdgeht. Getestet wird via SMS, Anruf, Chat oder persönliches Treffen. Die Minimumkosten betragen 29 Euro, darin sind jedoch lediglich zehn SMS inkludiert.

100 Männer und Frauen befinden sich in der Kartei

„Je nach Kundenwunsch verfolgen wir ein unterschiedliches Ziel, zum Beispiel den Austausch von Telefonnummern oder die Verabredung zu einem Date. Es wird immer individuell vereinbart, wobei in jedem Fall geflirtet wird“, sagt Gründerin Therese Kersten. 100 Männer und Frauen befinden sich in ihrer Kartei. „Da ist für jeden Fall ein geeigneter Tester dabei, da wir unterschiedliche Altersgruppen, Interessen und Äußerlichkeiten abdecken.“

Ihre Agentur ist österreichweit tätig, die meisten Kunden stammen aus Wien. „Jeder definiert Untreue für sich. Deshalb ist es mir persönlich wichtig, dass mir meine Kunden ihre eigene Definition davon mitteilen. Ich gebe am Ende lediglich das Testergebnis bekannt, und der Kunde entscheidet dann für sich selbst, ob der Partner untreu war“, so Kersten. Mehr als Küssen ist im Treuetest nicht inkludiert.

„Berechtigtes rechtliches Interesse“ notwendig

Andreas Nehyba und Helga Mnich, beide Detektive, erachten Treuetests als unseriös. Beide haben ihre eigene Firmen und sind seit Jahrzehnten mit dem Geschäft der Seitensprünge vertraut. „Bei Treuetests werden Szenen extra inszeniert, die so im realen Leben nicht zustande kommen würden. Wir versuchen dingfest zu machen, ob jemand eine Affäre mit einer real existierenden dritten Person hat“, so Nehyba von Xtrace, einer Detektivfirma in der Innenstadt.

Fremdgehen Seitensprung

Colourbox.de

Ob Küssen, Flirten oder mehr - Untreue wird individuell definiert

„Die Ehe ist ein Vertrag, und ein Seitensprung ist eine Vertragsverletzung. Damit ich einen Auftrag annehme, brauche ich also ein berechtigtes rechtliches Interesse“, sagt Mnich von Die Detektivin in Ottakring. Mnich bekommt ihre Aufträge größtenteils direkt von Scheidungsanwälten. Ihre zentrale Aufgabe sind das Observieren und die darauffolgende Vorlage von Beweismaterial, etwa Fotos.

Zwischen 2.500 und 5.000 Euro pro Observation

„Ein Auftrag kann in wenigen Stunden erledigt sein, manchmal dauert es aber auch mehrere Monate. Es kommt darauf an, was man alles weiß: Gibt es fixe Bürozeiten? Gibt es Außendienste? Gibt es die Möglichkeit, sich untertags zu treffen? Bewegt sich die Zielperson mit dem Pkw oder öffentlich? Etc.“, sagt Nehyba. Eine Seitensprung-Observation kostet in seiner Firma zwischen 2.500 und 5.000 Euro.

A. (möchte anonym bleiben) zum Beispiel fand heraus, dass der Partner über das Internet eine Frau kennenlernte, die er heimlich traf. Als sich A. für eine Scheidung entschied, empfahl der Anwalt, einen Detektiv zu engagieren. Der Detektiv brachte einen Magnetsender am Auto der Zielperson an und verfolgte diese von Wien bis nach Triest in Italien. Dann wurden Fotos gemacht, die vor Gericht vorgelegt wurden.

„Es hat 4.000 Euro gekostet. Klar, das ist sehr teuer, und heute würde ich es wahrscheinlich nicht noch einmal machen. Aber zu dem Zeitpunkt empfand ich es als richtig. Schließlich hatte ich einen konkreten Beweis dadurch“, so A. „Ein Treuetester wäre für mich nicht infrage gekommen, weil es mir unmoralisch vorkommt, eine Situation gewaltsam herzustellen.“ Die Beweise müssen laut Nehyba innerhalb von sechs Monaten vor Gericht vorgelegt werden, „sonst gilt es rein rechtlich als verziehen“.

Seitensprungportale kosten bis zu 50 Euro pro Monat

Wie der Partner von A. seien etwa 100.000 Wienerinnen und Wiener auf erotischen Seitenportalen im Internet aktiv, so Daniel Baltzer von Singlebörsen-Vergleich.at. „Explizite Seitensprungagenturen sind recht aus der Mode. Heute sind die Anbieter im Erotikdating-Bereich breiter aufgestellt. Man kann dann in seinem Profil festlegen, ob man ungebunden ist und erotische Dates sucht oder gebunden ist und explizit fremdgehen möchte.“

„Die drei reinen Seitensprungagenturen sind meet2cheat, Ashley Madison und Victoria Milan. In Österreich sind aber alle drei sehr klein. Die größeren Portale mit hohem Seitensprunganteil sind C-Date und Secret“, so Baltzer. Für Männer kostet eine Mitgliedschaft auf solchen Portalen zwischen 20 und 50 Euro, für Frauen ist es kostenlos. „Angemeldet sind auf 90 Männer rund zehn Frauen. In Summe verdienen die Erotikdating-Portale in Österreich rund fünf Millionen Euro“, so Baltzer.

Paartherapie nach Seitensprung dauert zwei Jahre

Wenn der Seitensprung aufgedeckt ist und sich das Paar gegen eine Trennung entscheidet, ist eine Paartherapie oft die Konsequenz. „Mehr als ein Drittel meiner betreuten Paare sind wegen eines Seitensprungs bei mir“, sagt Maria Richter-Zima, Paartherapeutin in Hietzing. „Im Endeffekt bedeutet ein Seitensprung einen Neubeginn für die Paare. Das Vertrauen ist dahin, und die Beziehung braucht ein neues Fundament. Meistens dauert eine Therapie rund zwei Jahre.“ Eine 90-Minuten-Einheit kostet bei ihr 180 Euro.

Laut Richter-Zima beginnt Untreue schon da, wo die Paarproblematik nicht mehr gemeinsam besprochen wird und wo Heimlichkeiten entstehen. „Ganz wesentlich ist, dass nicht unbedingt der, der fremdgeht, der Böse ist. Viele Personen beginnen eine Affäre, weil sie sich nicht trennen wollen und sich außen das holen, was sie innen nicht mehr bekommen.“

Lisa Rieger, wien.ORF.at