Schwertattacke war Krieg unter Drogenbanden

Der Polizei ist ein Schlag gegen die organisierte Drogenkriminalität gelungen. Bei den Ermittlungsarbeiten nach einem Mordversuch mit einem Samuraischwert wurden elf Mitglieder zweier krimineller Verbindungen verhaftet.

Die Gruppen „Mostapha“ und „Islem“ hatten seit August 2015 unter anderem am Praterstern große Mengen an Drogen vertrieben. Die aus Algerien stammenden Männer im Alter zwischen 19 und 38 Jahren waren bereits im Vorjahr unter Angabe falscher Identitäten nach Österreich gereist, hatten sich erst als Jugendliche ausgegeben und Asyl beantragt.

Dealerbanden ausgehoben

Gleich zwei Drogenbanden hat die Polizei in Wien ausgehoben, sie haben unter anderem auf dem Praterstern gedealt.

Zu Beginn arbeiteten beide Gruppierungen noch zusammen, bald kam es jedoch zu Revierstreitigkeiten, hauptsächlich um das Gebiet am Praterstern, sagte Polizeisprecher Paul Eidenberger. Außerdem waren die Drogendealer auch entlang des Gürtels im Bereich der Nußdorfer Straße, am Handelskai sowie am Schottenring tätig. Sie verkauften sowohl Cannabiskraut, als auch -Harz und Ecstasy in großen Mengen, zumindest 1,5 Kilogramm pro Woche. Die Revierstreitigkeiten der beiden Banden gipfelten schließlich Ende April in einer geplanten Aussprache zwischen den zwei Rädelsführern am Handelskai.

Streit zwischen Bandenchefs

Am Tag vor der Aussprache kam es nämlich zu einer Auseinandersetzung am Praterstern, nachdem Mitglieder der „Mostapha“ einen Aufpasser der „Islem“ mit einem Messer verletzt hatten - weil die Grenze des jeweiligen Verkaufsgebiet missachtet worden war. Daher trafen sich die Rädelsführer am 25. April.

Eine Diskussion der beiden Bandenchefs - Kopf der „Mostapha“ ist ein 19-jähriger Algerier, der sich gegenüber den Behörden jedoch auch schon als Tunesier sowie Belgier ausgegeben hat - sowie dem 23-jährigen Anführer der „Islem“ - eskalierte kurz vor 20.00 Uhr nahe des Bahnhofs Handelskai. Die „Mostapha“ gingen schließlich mit einem Samuraischwert und einem Messer auf ihre Kontrahenten los, diese setzten sich mit Bierflaschen zur Wehr. Der 28-Jährige konnte nicht rasch genug flüchten, er erlitt zahlreiche Stich- und Schnittverletzungen und lag eine Woche im künstlichen Tiefschlaf im Spital - mehr dazu in Mann nach Messerstich schwer verletzt.

Tatwaffe Messerstecherei Handelskai

LPD-Wien

Drogendealer bereits in ihrer Heimat gekannt

Bereits einen Tag nach der Messerstecherei gingen bei den Ermittlern der Außenstelle West, Gruppe Vagner, erste Hinweise ein, dass es sich nicht um einen, wie von den Männern erst angegebenen, Raubversuch, sondern um einen Bandenkrieg bezüglich der Gebietsstreitigkeiten gehandelt hatte. Akribisch tasteten sich die Polizisten weiter vor und forschten nach und nach die jeweiligen Bandenmitglieder aus.

Es kam zutage, dass sich alle Drogendealer bereits in ihrer Heimat gekannt hatten und auch schon dort im Suchtgifthandel tätig waren. Als sie 2015 nach Österreich kamen, setzten sie hier ihre Machenschaften fort. Zuerst arbeiteten sie auch zusammen, halfen gegenseitig aus, besorgten gemeinschaftlich Drogen - ehe sie sich gegenseitig in die Quere kamen.

Zwischen 27. April und 16. Mai wurden die elf Männer festgenommen - die vier Angehörigen der „Mostapha“ großteils in einer Asylunterkunft in Hernals, die sechs Männer der „Islem“ bzw. „Islam“, wie sich die Mitglieder intern nannten, großteils in einer Asylunterkunft in Margareten. Einer der „Islem“ - ein 38-Jähriger - befand sich bereits wegen Drogenhandels in Haft.

Messerstecherei Handelskai

ORF

Beim Handelskai kam es zur Messerstecherei

Mit Schwertern und Messern bewaffnet

Alle Männer waren laut einem Ermittler durchwegs immer mit Schwertern und Messern bewaffnet gewesen, einer trug bei seiner Festnahme gar ein Stanley-Messer als "Backup "in seiner Unterhose. Bei den Verdächtigen wurden neben einem halben Kilogramm Cannabiskraut auch geringe Mengen Kokain und Ecstasy sichergestellt. Dazu kamen noch Bargeld, zahlreiche gefälschte Dokumente und Stichwaffen.

Zuletzt klickten am Montag für das 28-jährige Stichopfer die Handschellen. Der Mann hatte, gleich nachdem er im Spital aus dem Tiefschlaf erwacht war, Ärzte und Krankenschwestern wiederholt mit dem Umbringen bedroht. Er sei durchwegs aggressiv gewesen, mit der medizinischen Versorgung zeigte er sich laut Polizei unzufrieden. Außerdem schmiss er den Angestellten Gegenstände wie Geschirr und Messer nach, wenn sie sich seiner Meinung nach nicht rasch genug um ihn kümmerten. Daher wurde der Mann bereits am 9. Mai, zwei Wochen nach seiner Einlieferung, von der Polizei aus dem Krankenhaus verwiesen - und genau eine Woche später festgenommen.

Zehn der elf Festgenommenen sitzen in Untersuchungshaft. Alle müssen sich wegen gewerbsmäßigen Drogenhandels verantworten, den „Islem“ wird zudem der Mordversuch vorgeworfen. Die Algerier sind teilgeständig und belasten sich gegenseitig. Nach zwei weiteren namentlich bekannten Mitgliedern der „Mostapha“ im Alter von 21 und 22 Jahren wird noch gefahndet. „Die wichtigsten Leute haben wir auf jeden Fall, die ‚Lebensadern‘ der beiden Gruppierungen sind in Untersuchungshaft“, konstatierte Eidenberger.

Neue Identitäte nach „Familienurlaub“

Detail am Rande: Im Vorjahr war die „Mostapha“-Bande kurzzeitig gar außer Gefecht gewesen. Der Anführer hatte nämlich einem verdeckten Ermittler 1,5 Kilogramm Marihuana verkauft - damals gab er sich noch als Belgier aus. Er wurde im Oktober 2015 zu sieben Monaten Haft verurteilt, im Dezember nach zwei Monaten jedoch bereits entlassen. Der Mann setzte sich zuerst für einen „Familienurlaub“ nach Frankreich ab, ehe er Ende Jänner mit einer neuen Identität wieder nach Österreich zurückkehrte - dieses Mal als Tunesier.