30 Jahre Chelsea: „Früher war es wilder“

Die Ärzte, Gossip und Wanda standen im Chelsea bereits auf der Bühne. In den kommenden drei Tagen feiert der Club seinen 30. Geburtstag mit Live-Konzerten. Für Chelsea-Geschäftsführer Bajlicz war die Stimmung früher „wilder“.

Das Klientel ist bunt gemischt. „Wir haben kein Schickimicki-Publikum, eher die straighte Abteilung, die sich für Musik und Fußball interessiert. Keine oberflächlichen Leute halt“, beschreibt Geschäftsführer Othmar Bajlicz. Eine junge Frau an der Bar sagt gegenüber wien.ORF.at selbst: „Ich mag Lokale, die versifft wirken, deswegen komme ich her.“ 30 Jahre lang feiern Jung und Alt nunmehr im Chelsea. Live-Bands, DJs und Fußball-Übertragungen sind die Grundpfeiler des Konzepts.

„Abgefuckt mit Niveau und Herz“

„Das Chelsea ist abgefuckt mit Niveau und Herz“, sagt Clemens, der zwei Jahre lang hinter der Bar gestanden ist. „Das Chelsea kennt man in Wien. Man kommt immer wieder her. Gratis Eintritt und gute Musik sind die Argumente dafür“, sagen zwei Studentinnen, die an der Bar im Chelsea stehen. „Ich war hier bei ein paar der besten Konzerte, bei denen ich je war“, sagt eine Leopoldstädterin. „Ich finde, das Chelsea ist eine Kultkneipe und man merkt, dass es eine Geschichte hat“, sagt ein Südtiroler, der in Wien lebt.

Von Die Ärzte bis Wanda waren alle im Chelsea

Im Laufe der 30 Jahre standen über 4.000 Bands und Musiker auf der Bühne im Chelsea. „Da waren welche dabei, die später weltberühmt waren. Zum Beispiel Gossip, Soundgarden, Die Toten Hosen, Die Ärzte, Wir sind Helden und auch Wanda. Vor eineinhalb Jahren haben sie bei uns gespielt, jetzt füllen sie die Stadthalle. Die ganze österreichische Szene streift am Anfang mal das Chelsea. Auch Bilderbuch sind bei uns aufgetreten“, sagt Bajlicz.

Bajlicz erinnert sich an viele Anekdoten und Erlebnisse, die er mit bekannten Künstlern im Chelsea hatte. „Ich werde nie vergessen, wie ich auf der engen Treppe zum Backstageraum Beth Ditto von Gossip begegnet bin. Die amerikanische Sängerin war schon damals nicht die schlankeste Person. Da die Stiege so eng war, konnten wir nicht aneinander vorbei gehen.“

Eröffnung Chelsea

Chelsea/Othmar Bajlicz

Bei der Eröffnungsfeier im Chelsea

Dreitägiges Geburtstagsfest mit Open-Air-Bühne

Das Jubiläums-Wochenende wird mit einem Drei-Tages-Fest mit insgesamt acht österreichischen Bands begangen, darunter Dawa, Christoph & Lollo und die Innsbrucker White Miles. „Es wird eine kleine Open Air-Bühne vor dem Chelsea geben, damit sich mehr Menschen die Konzerte ansehen können. Es sind zum Teil Bands, die schon öfter im Chelsea waren und mit uns befreundet sind“, sagt Bajlicz.

„In drei Dekaden ändert sich viel: Die Musikrichtung, die Politik, die Leute, nur das Chelsea gibt es noch immer. Früher war aber alles ein bisschen erdiger, die Leute waren nicht so viel abgelenkt durch Soziale Medien. Die Leute sind überreizt und überflutet mit Meldungen, das gilt auch für die Musikszene. Früher war es ursprünglicher und vielleicht wilder“, sagt Bajlicz. Rainer Krispel, Musik-Experte: „Menschen gehen nicht mehr einfach weg und checken Bands aus, sondern man schaut sie sich schon vorher im Internet an bzw. sowieso nur die Bands, die man kennt.“

Chelsea 30 Jahre

ORF/Rieger

Plaudern, trinken, tanzen - das Chelsea am Wochenende mit DJ-Lineup

Heute kommen laut Bajlicz teilweise schon die Kinder der ersten Stammgäste ins Chelsea. Je nach Veranstaltung und Konzert variiert das Klientel – vom Teeniealter bis 50 plus. Wie sich das Lokal so lange halten konnte ohne grobe Veränderungen? „Das Geheimnis ist die Leidenschaft zur Musik. Ich bin seit meiner frühesten Jugend Musikfan, Plattensammler und Konzertbesucher. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht und wir versuchen Monat für Monat, ein gutes Programm aufzustellen“, so Bajlicz.

Chelsea startete Partyszene bei Stadtbahnbögen

Den Ursprung hatte das Chelsea in der Piaristengasse in der Josefstadt. Von 1986 bis 1994 war der Club in einem Wohnhaus. „Wien war damals eine tote Stadt, was die Musikszene betrifft“, so Bajlicz. Wegen der Anrainerbeschwerden musste umgezogen werden. Somit war das Chelsea der erste Club in den Stadtbahnbögen. „Links und rechts ist nur der Gürtel, lauten Live-Konzerten stand so nichts mehr im Weg. Und später wurde der Gürtel sowieso zur Partyszene. Diesbezüglich waren wir Pioniere“, sagt Bajlicz.

Dass die Drogenszene derzeit rund um das Chelsea floriert, sieht Bajlicz kritisch. Auch er hofft, dass es sich mit der Gesetzesänderung am 1. Juni wieder ändert. Eine Besucherin sagt: „Für Mädchen ist es drinnen sicher. Ich fühle mich immer wohl. Sollte es Grapscher geben, werden die von den Securitys hinausbegleitet.“

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