Schuldsprüche im Telekom-Austria-Prozess

Drei Schuldsprüche sind im Prozess um eine angebliche illegale Parteienfinanzierung der ÖVP von 120.000 Euro durch die Telekom Austria (TA) gefallen. Neun Monate bedingte Haft gab es etwa für den ÖVP-Abgeordneten Bernd Schönegger.

Der Schöffensenat verhängte im Wiener Straflandesgericht über Schönegger neun Monate Haft, die dem Politiker unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. „Sie haben zwar nicht in die eigene Tasche gewirtschaftet, aber es war in Ihrem Sinne als Geschäftsführer der wahlwerbenden Partei (der Grazer ÖVP, Anm.) und im Sinne der weiteren Karriere“, meinte Richter Stefan Erdei zu Schönegger. Der war nach den erfolgreichen Kommunalwahlen im Jänner 2008 im selben Jahr als Abgeordneter in den Nationalrat eingezogen.

Die Verurteilung Schöneggers hat nicht den automatischen Mandatsverlust zur Folge. Dafür ist das verhängte Strafausmaß von neun Monaten bedingt nicht ausreichend. Schönegger war nach der Verhandlung zu keinem Kommentar bereit. Er machte einen betroffenen Eindruck und war bestrebt, möglichst rasch aus dem Gerichtsgebäude zu kommen.

Zwei weitere Schuldsprüche

Schuldig gesprochen wurde auch Michael F., ein ehemaliger ÖVP-Mitarbeiter und späterer Head of Public Affairs bei der TA, und eine ÖVP-nahe Werberin, die den inkriminierten Geldbetrag erhalten und für den Grazer Gemeinderatswahlkampf verwendet haben soll. Das Geständnis der Unternehmerin, die erklärt hatte, der TA-Tochter eTel eine Scheinrechnung gelegt, die 120.000 Euro angenommen und dafür Leistungen für die Bundes-ÖVP erbracht zu haben, bezeichnete Richter Erdei als „unglaubwürdig“.

Mit dieser Verantwortung habe sie „den ganz konkreten Zweck verfolgt, ihren langjährigen Geschäftspartner Magister Schönegger zu schützen“, sagte Erdei. Deswegen wurde die Agenturchefin nicht nur wegen Beteiligung an der Untreue, sondern auch wegen Begünstigung zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt. F. erhielt wegen Beteiligung an der Untreue drei Monate bedingt. Sowohl F. als auch die Werberin meldeten Bedenkzeit an. Der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab. Die Urteile sind somit ebenfalls nicht rechtskräftig.

Freispruch für Ex-TA-Vorstand Fischer

Die zwei ehemaligen eTel-Geschäftsführer - als unmittelbare Täter angeklagt - wurden mangels vorsätzlichen Handelns ebenso freigesprochen wie der ehemalige TA-Vorstand Rudolf Fischer. Bei Letzterem ging der Senat davon aus, dass Fischer „jemandem in der ÖVP“, wie Richter Erdei sagte, die 120.000 Euro „mehr oder weniger zur freien Verfügung“ versprochen hatte. Es gebe jedoch „keine ausreichenden Beweise“, dass Fischer dabei an eine „verdeckte Finanzierung“ und nicht an ein - strafloses - offizielles Sponsoring gedacht habe, sagte Erdei.

Prozess um illegale Parteienfinanzierung

In dem Prozess ging es seit April um eine angebliche illegale Parteienfinanzierung - der ÖVP soll von der TA ein Nettobetrag von 120.000 Euro für den Grazer Gemeinderatswahlkampf im Jänner 2008 zugekommen sein.

Gegenstand des Verfahrens ist eine vermutete Scheinrechnung über vorgebliche Beratungsdienste einer damals schon seit Längerem für die steirische ÖVP tätigen Werbeagentur an die TA-Tochter eTel. Am Dienstag wurde nun Ex-ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon als Zeuge befragt, die Anklage gegen die mitangeklagte Werberin wurde ausgedehnt.

Geld für Grazer Wahlkampf?

Laut Anklage soll Schönegger - seit 2005 Geschäftsführer der Grazer ÖVP, seit Herbst 2008 gehört der 39-Jährige auch dem Nationalrat an - der Agenturchefin die vorgefertigte Rechnung weitergeleitet und ihr aufgetragen haben, die auf Basis dieses Belegs eingehende Zahlung entgegenzunehmen und das Geld für Ausgaben im Grazer Wahlkampf heranzuziehen. Schönegger bestreitet das entschieden, und die Werberin hatte beim Verhandlungsauftakt im vergangenen April behauptet, sie habe die ihr überwiesenen TA-Gelder für die Bundes-ÖVP ausgegeben.

Konkret will die Unternehmerin einen Auftrag im Wert von 140.000 bis 160.000 Euro für eine österreichweite Markt- und Meinungsforschung erhalten haben, um unter anderem die Beliebtheitswerte der ÖVP-Minister zu ermitteln.

Missethon bestreitet Vorwürfe

Ihre Ergebnisse habe sie dem damaligen ÖVP-Generalsekretär Missethon übermittelt und präsentiert, behauptete die Werberin. Missethon wies das im Zeugenstand zurück: „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich ihr einen Auftrag gegeben habe. Diesbezüglich ist mir auch nicht erinnerlich, dass irgendeine Studie am Tisch gelegen ist.“

Sämtliche Umfragen habe seinerzeit das Fessel-Institut - nunmehr GfK Austria - gemacht. Die Werberin habe seiner Erinnerung nach in seiner Zeit als Generalsekretär - Missethon hatte diese Funktion von Anfang 2007 bis Herbst 2008 inne - grundsätzlich nicht für die Bundespartei gearbeitet.

Laut ÖVP kein Bundesgeld für Graz

Dem widersprachen die Werberin und ihr Verteidiger Johannes Zink. Die Agentur habe „übers ganze Jahr 2007 immer wieder kleinere Beträge“ von der Bundes-ÖVP erhalten, verwies der Anwalt auf die Buchhaltung seiner Mandantin. Diese erklärte, sie habe beispielsweise „eine Art Familienaufstellung für Minister“ gemacht. Missethon versicherte, es habe keinerlei finanzielle Hilfestellung der Bundespartei für die Grazer Kommunalwahlen gegeben.

Das Budget sei ganz anders zustande gekommen: „Einiges spart man sich zusammen, und die Landespartei hat uns auch unterstützt“, führte dazu Schönegger aus. Außerdem habe man - was damals nicht öffentlich kommuniziert wurde - einen Bankkredit über eine Million aufgenommen.

Anklage gegen Werberin ausgedehnt

Staatsanwalt Volkert Sackmann dehnte schließlich die Anklage gegen die Werberin um versuchte Begünstigung aus. Mit ihren „wahrheitswidrigen Angaben“, denen zufolge sie die TA-Überweisung für die Bundes-ÖVP verwendet haben will, versuche sie Schönegger, Ex-TA-Vorstand Fischer und den vormaligen Head of Public Affairs bei der TA, denen die Anklage Untreue anlastet, absichtlich der Verfolgung zu entziehen, sagte Sackmann.

Der Prozess war jedoch nicht das einzige TA-Verfahren - mehr dazu in Manipulierte TA-Aktie: Neue Urteile.

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