Zwei Großaufmärsche auf Ringstraße

Laut Veranstalter bis zu 18.000 Menschen beim Marsch für Jesus, rund 130.000 bei der Regenbogenparade: Zwei riesige Aufmärsche sind am Samstag durch die Wiener Innenstadt gezogen. Dazu kam noch eine Gegendemonstration.

„Die Parade ist ja eigentlich ein freudiges Fest, aber durch die Ereignisse in Orlando liegt natürlich ein gewisser Schatten darüber“, sagte Christian Högl, Veranstalter der Regenbogenparade und Obmann des Vereins HOSI (Homosexuelle Initiative). So wurde die Parade von einer Gruppe mit dem Titel „Victims of Hate Crimes - Marching for those who can’t“ angeführt. Insgesamt zogen rund 20 große Trucks und zahlreiche kleinere Wagen und Fußgruppen um den Ring.

Regenbogenparade 2016

APA/Hans Punz

Die die Parade anführende Gruppe bestand nur aus den Securitys, die üblicherweise rund um einen Truck positioniert sind und das Seil für den Sicherheitsabstand tragen. Der Raum in der Mitte, in der Größe eines Sattelschleppers, blieb in diesem Fall jedoch leer. Er stand für jene lesbischen, schwulen und Transgender-Personen, die in Orlando oder bei anderen „Hassverbrechen“ ihr Leben lassen mussten und nicht mehr mitmarschieren können, so die Veranstalter - mehr dazu in Polizei nennt Details zu Orlando-Einsatz (news.ORF.at).

Gute Stimmung unter dem Regenbogen

Trotz des Gedenkens herrschte bei strahlendem Sonnenschein und lauter Musik gute Stimmung. Beliebtes Kostüm bei den Teilnehmern war das Einhorn, das in regenbogenfarbenen Ganzkörperoutfits oder als großer, glitzernder Kopfschmuck zu sehen war. Die vielen aufwendig verkleideten Besucher waren auch dieses Jahr wieder ein beliebtes Fotomotiv.

Veit Georg Schmidt von der schwul-lesbischen Buchhandlung Löwenherz, die seit deren Beginn an der Parade teilnimmt, meinte, die Regenbogenparade sei im Verlauf der Jahre „bunter, schöner und entspannter“ geworden. Dass es sie gibt, sei nach wie vor wichtig, weil „Lesben und Schwule immer noch als Menschen zweiter Klasse behandelt werden“. Laut den Veranstaltern nahmen rund 130.000 Menschen an der Regenbogenparade teil.

TV-Hinweis:

„Wien heute“, 18. Juni 2016, 19.00 Uhr, ORF2 und dann in tvthek.ORF.at.

Die Regenbogenparade zog heuer nicht „andersrum“, sondern in Fahrtrichtung um den Ring, um sich nicht mit dem zuvor abgehaltenen Marsch für Jesus in die Quere zu kommen. Aus- und Endpunkt war der „Regenbogenpark“ im Sigmund-Freud-Park, der das Pride Village der vergangenen Jahre ersetzt. Dort war für 19.00 Uhr auch die Abschlusskundgebung angesetzt, zu der sich unter anderen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) als Redner angekündigt hat.

„Ihr seid laut und bunt“

„Ihr seid laut und bunt und niemand kann euch überhören und niemand kann euch übersehen“, rief der Kanzler, der sich zuvor mit „mein Name ist Christian Kern“ vorstellte, ins Publikum. „Ich bin hier, um mit euch für Toleranz und Vielfalt einzutreten“, so Kern, der auch das Attentat von Orlando ansprach. Dieses sei „ein feiger Mord, der uns daran erinnern soll, was unser gemeinsamer Gegner ist, nämlich Hass, Intoleranz und Gewalt“, sagte Kern.

Weitere Gastredner und ein Outing

Zuvor hatte sich der designierte Präsident des Bundesrats, Mario Lindner (SPÖ), im Rahmen der Abschlussveranstaltung auf der Bühne geoutet: „Ich werde in einigen Tagen zum Präsident des Bundesrats ernannt, ich werde in dieser Funktion den neuen Bundespräsidenten angeloben und ich bin schwul“. Im Jahr 2016 sollte das Lindner zufolge aber keine Sache mehr sein, die man extra betonen muss. „Heute sollte kein Mann und keine Frau Angst vor Diskriminierung und Mobbing haben müssen.“

Auch die Grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, SPÖ-Bezirksvorsteher Markus Rumelhart, NEOS-Chef Matthias Strolz und die Wiener NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger sowie der Grüne Landtagsabgeordnete Peter Kraus wandten sich in Ansprachen gegen Diskriminierung und forderten Toleranz und gleiche Rechte. „Ich weiß, dass sich viele nicht leicht getan haben, heute mitzugehen. Das Attentat in Orlando hat die Community ins Herz getroffen. Es hat sie verletzt, aber es hat sie nicht aufgehalten“, betonte dabei etwa Vassilakou.

Gegendemo zur Regenbogenparade

Gegner der Regenbogenparade riefen einmal mehr zum Marsch für die Familie auf, um für die „klassische Form der Familie“ und gegen „gesellschaftspolitische Irrwege“ zu demonstrieren. Unterstützung gibt es für das vom Verein Pro Vita organisierte Zusammentreffen heuer einmal mehr unter anderen vom ehemaligen PEGIDA-Sprecher Georg Immanuel Nagel.

Als Redner waren weiters der Chorepiskopos der syrisch-orthodoxen Christen in Österreich, Emanuel Aydin, der ehemalige Ministerpräsident der Slowakei, Jan Carnogursky, FPÖ-Stadträtin Ursula Stenzel sowie der parteilose Nationalratsmandatar Marcus Franz angekündigt.

Bis zu 18.000 beim Marsch für Jesus

Vor der Regenbogenparade beteiligten sich zwischen 10.000 (laut Polizei) und bis zu 18.000 (laut Veranstaltern) Menschen am Marsch für Jesus, der ebenfalls über die Ringstraße führte. Gekleidet in „I love Jesus“-T-Shirts versammelten sich die Besucher, darunter auch viele internationale Gäste, auf dem Heldenplatz. Viele trugen Banner mit den Aufschriften „God loves you“, „Jesus 4ever“ oder auch „Jesus ist cool“.

Bei dem von der Initiative „Christen in Wien“ organisierten Marsch für Jesus handelte es sich um ein Treffen Gläubiger unterschiedlicher Konfessionen. Mit dem Marsch, der von einer Musikkapelle und einer Trommlergruppe begleitet wurde, und dem anschließenden Fest für Jesus sollten laut Veranstaltern unter anderem die Einheit christlicher Konfessionen sichtbar gemacht werden und ein interkultureller sowie interkonfessioneller Austausch stattfinden.

Kurz betonte Rolle der Kirche bei Integration

Auf der Bühne auf dem Heldenplatz war nach dem Umzug bis zum Abend Programm geplant. Prominente Unterstützung gab es von Kardinal Christoph Schönborn und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP): „Gerade die christlichen Gemeinden sind jene, die für die neu Ankommenden einen Anker darstellen und einen Ort der Geborgenheit bieten und dazu beitragen, dass diese Menschen in die Gesellschaft hineinfinden“, sagte Kurz - mehr dazu auch in Rund 15.000 Teilnehmer bei Marsch für Jesus (religion.ORF.at)

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