Neue Vorwürfe gegen Austro-Dschihadist

Wegen der neuen Vorwürfe gegen den österreichischen Dschihadisten Mohamed M. ist der Verfassungsschutz mit der Erhebung von Details beauftragt worden. Bei einem Videodreh mit M. sollen neun Menschen erschossen worden sein.

Die Vorwürfe seien bisher „nicht aktenkundig gewesen“, sagte Thomas Vecsey, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, am Dienstag zur APA. „Daher haben wir den Verfassungsschutz mit der Erhebung von Details beauftragt.“

Wegen eines im August 2015 veröffentlichten Videos, in dem Mohamed M. einen vor ihm knienden Mann erschießt, wird bereits wegen Mordes ermittelt. Nach dem 31-jährigen wird per internationalem Haftbefehl gefahndet - mehr dazu in Mordermittlungen gegen Mohamed M. (wien.ORF.at; 14.8.2015).

Vier Jahre Haft in Österreich

Weiter ist unklar, ob Mohamed M. überhaupt noch am Leben ist. „Gerüchte über seinen Tod haben sich bisher nicht verifizieren lassen“, so Vecsey. Mohamed M. hatte sich seit seinen Anfängen in Wien zu einer der schillerndsten Figuren der deutschsprachigen Dschihadistenszene hochgearbeitet hat, er saß wegen Bildung und Förderung einer terroristischen Vereinigung vier Jahre in Haft.

Nach seiner Ausreise nach Ägypten hatte er erklärt, die österreichische Staatsbürgerschaft niederlegen zu wollen , später befand er sich in der Türkei - mehr dazu in Mohamed M. in türkischem Anhaltelager (wien.ORF.at; 30.8.2013).

Prozess um Terror-Mitglied in Bremen

In einem Interview mit „Radio Bremen“ hatte der deutsche IS-Aussteiger Harry S. zuvor schwere Vorwürfe gegen Mohamed M. erhoben. Am Rande des Videodrehs im syrischen Palmyra seien nicht nur jene beiden Männer erschossen worden, die im Filmmaterial zu sehen seien, sondern sieben weitere. Dies sei unter Führung des Austro-Dschihadisten geschehen, sagte er.

Harry S. war im Video nach eigenen Angaben lediglich „Fahnenträger“. Danach sei er so angewidert gewesen, dass er sich entschloss aus dem „Islamischen Staat“ (IS) zu fliehen. Bei seiner Rückkehr nach Bremen wurde der 27-jährige Deutsche im Juli 2015 verhaftet, am Mittwoch beginnt vor dem Oberlandesgericht Hamburg sein Prozess wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.

Sollte Harry S. dort seine Vorwürfe gegen Mohamed M. erneuern, würde das jedoch nicht automatisch bedeuten, dass die Staatsanwaltschaft Wien ihre Ermittlungen auf mehrfachen Mord ausdehnen würde, erklärte Vecsey. Dazu sei zunächst ein Rechtshilfeansuchen der deutschen Behörden nötig.

IS setzt auf Anschläge von Einzeltätern

Im Interview mit „Radio Bremen“, aus dem auch der „Kurier“ zitierte, sagte Harry S., dass dem IS mittlerweile nicht mehr viel an der Unterstützung europäischer Dschihadisten im Irak und in Syrien liegt: „Europäer sind nicht mehr so gerne gesehen, weil sie den Dschihad in den Ländern, wo sie herkommen fortführen sollen.“

Ein Erfahrungsbericht, der sich mit der Einschätzung von Terrorexperten deckt, wonach die „dritte Welle“ des Dschihads vor allem auf ein dezentralisiertes Netzwerk und Anschläge von Einzeltätern in Europa setzt. Nach dieser Logik handelte etwa zuletzt jener Dschihadist, der im Namen des IS einen Polizist und dessen Frau nahe Paris ermordete.

„Spezialeinheit“ hinter feindlichen Linien

Gleich nach seiner Ankunft in Raqqa - der syrischen Hochburg der Islamistenmiliz - hätte ihn der dortige Geheimdienst gefragt, ob er bereit sei, nach Deutschland zurückzukehren, um dort Anschläge zu verüben, sagt Harry S. Weil er dies verneint hätte, sei er in eine „Spezialeinheit“ für „tödliche Einsätze“ hinter den feindlichen Linien gekommen, so der 27-Jährige.

Angesichts seiner dortigen Erlebnisse zeigt er sich gegenüber „Radio Bremen“ betont geläutert. „Ich hab nichts Göttliches oder Paradiesisches daran gesehen, als die Menschen erschossen worden sind“. Deshalb wolle er nun „öffentlich darüber sprechen, was ich erlebt habe“.

Links: