Wiener Reaktionen: „Schock“ durch „Brexit“

Die Entscheidung für den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union sorgt auch in Wien für Diskussionen. Von einem „Schock“ und einem „Weckruf“ ist in ersten Reaktionen die Rede.

„Ich glaube, dass man noch nicht abschätzen kann, was das für Europa bedeutet, aber ich bin wirklich schockiert“, meinte Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) gegenüber Radio Wien. Die direkten Auswirkungen auf die Wiener Wirtschaft sollen aber gering sein: „Natürlich gibt es wirtschaftliche Beziehungen zu Großbritannien, aber unsere größten Handelspartner sind Deutschland sowie Zentral- und Osteuropa. Indirekt wird es aber natürlich Auswirkungen und viele wirtschafts- und sozialpolitische Diskussionen in den nächsten Wochen geben.“

Häupl kommentiert „Brexit“ nicht

Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) will den „Brexit“ vorerst nicht kommentieren. Das betonte er am Freitag bei seinem Besuch am Donauinselfest. Er verwies auf die Aussagen von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ). Es sei zu dem Thema schon sehr vieles gesagt worden, befand Häupl. Weitere Debatten erwartet er aber sehr wohl: Denn auch beim Parteitag am Samstag werde das Abstimmungsergebnis Thema sein, zeigte sich das Stadtoberhaupt überzeugt.

TV-Hinweis:

„Wien heute“, 24.6.2016, 19.00 Uhr, ORF2 und danach online unter tvthek.ORF.at.

Von einem „letzten Weckruf“ sprach der Wiener ÖVP-Obmann Gernot Blümel: „Wenn wir das Tempo der Weiterentwicklung nicht enorm vorantreiben, dann droht die Gefahr, dass die Europäische Union scheitert und das darf einfach nicht passieren.“ Wirtschaftlichen Auswirkungen seien „zu früh zu bewerten. Insgesamt kann der Austritt natürlich dazu führen, dass eine schwierigere wirtschaftliche Situation herrscht und da wäre natürlich auch Österreich und Wien betroffen“, so Blümel.

Britische Flagge im Regen

dpa/Wolfgang Kumm

Über die Auswirkungen auf die Wiener Wirtschaft gibt es noch keine Prognosen

Vassilakou: „Falsche Entscheidung“

Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) sprach von einer „Entscheidung, die nicht weiter verwundert. Die EU-Regierungschefs haben in den vergangenen Jahren einen falschen Kurs eingeschlagen, die Modernisierung ist nicht in Angriff genommen worden.“ Die wirtschaftlichen Folgen seien noch nicht absehbar. „Für die Wiener Wirtschaft ist das ein Schlag, die Auswirkungen werden hoffentlich gering sein“, so Vassilakou.

Von einem „Warnschuss“ sprach Vizebürgermeister Johann Gudenus (FPÖ): „Wenn die Europäische Union jetzt nicht aufwacht, ist es zu spät.“ Direkte Folgen fürchtet er bei den Schulden der Stadt Wien: „Die Schulden im Schweizer Franken werden steigen, aufgrund der Aufwertung. Hier hat Finanzstadträtin Brauner wieder einmal versagt. Wir haben gefordert, dass der Ausstieg nicht auf Raten sondern sofort erfolgen soll.“

Eine „Chance“ sieht NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger: „Insbesondere dass alle Jungen aufstehen und sagen, wir wollen für unsere gute Zukunft an einem gemeinsamen Europa bauen.“ „Wir brauchen natürlich eine wirtschaftlich starke Europäische Union, um langfristig auch als Standort in Wien wettbewerbsfähig zu sein“, so Meinl-Reisinger.

Briten in Wien waren für Verbleib

Vor der Abstimmung hatten sich in Wien lebende Briten und Vertreter der Wirtschaft für einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union ausgesprochen - mehr dazu in Wiener Wirtschaft gegen „Brexit“.

In ersten Reaktionen hatte Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) keine Referenden in anderen EU-Staaten erwartet, Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) schloss dagegen einen Dominoeffekt nicht aus. Von der FPÖ gab es Rücktrittsforderungen gegen die EU-Spitzen - mehr dazu in Kern sieht Europa deutlich geschwächt (news.ORF.at).

Der britische Premier David Cameron zieht nach dem Referendum die Konsequenzen: In seinem ersten Auftritt nach der Entscheidung der Briten für einen Austritt aus der EU kündigte er seinen Rücktritt an. „Ich glaube nicht, dass ich der richtige Kapitän bin, der unser Land an sein neues Ziel steuert", meinte Cameron - mehr dazu in Cameron tritt als Premier zurück (news.ORF.at).

„Brexit“-Abstimmung: Briten verlassen die EU

The British leave. Großbritannien verläßt die Europäische Union. Ein Ergebnis, mit dem kaum jemand wirklich gerechnet hat, ist jetzt Realität.

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