„Brexit“: Viele Wiener Betriebe betroffen

Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck rechnet damit, dass der „Brexit“ auch viele Wiener Betriebe treffen wird. Auch beim Tourismus erwartet er Veränderungen. Bei vielen Briten in Wien war die Stimmung ebenfalls eher schlecht.

Das Handelsvolumen zwischen Wien und Großbritannien beträgt derzeit laut Wiener Wirtschaftskammerpräsidenten Walter Ruck rund 500 Millionen Euro. Damit steht Großbritannien an zehnter Stelle der wichtigsten Handelspartner. Ruck rechnet zunächst einmal mit kurzfristigen Auswirkungen auf die Wiener Wirtschaft, etwa durch Änderungen im Wechselkurs, wie er im „Wien heute“-Interview betonte.

„Es sind sehr viele Betriebe in Wien betroffen, denn wenn das Pfund fällt, bedeutet das auch, dass österreichische Waren für britische Unternehmen teurer werden. Auch der Urlaub in Österreich wird für Briten teurer“, so Ruck. Allerdings gelte auch der Umkehrschluss: Wenn Pfund und damit auch der Euro abwerten, werde der US-Dollar stärker wovon wiederum Exporteure in die USA profitieren.

Walter Ruck

APA/Herbert Pfarrhofer

Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck sieht viele Wiener Betriebe betroffen

Ausgleich durch US-Touristen

Genaue Zahlen, wie sehr der Wiener Tourismus unter dem „Brexit“ leiden werden, wollte Ruck nicht nennen. „Es wird einen Einfluss haben, aber es wird auch einen Ausgleich geben“, meinte er. Denn durch den schwächeren Euro werde Österreich dann attraktiver für Reisende, die in US-Dollar abrechnen.

Wirtschaftskammer Präsident Ruck im Studio

Was sagt die Wiener Wirtschaft zum Brexit? Dazu Kammerpräsident Walter Ruck im Gespräch mit Paul Tesarek.

Er bedaure die Entscheidung der Briten jedenfalls sehr, so Ruck. Auch weil er Großbritannien als Partner und verlässlichen Mahner schätze. Die Briten hätten sich immer für ein Friedens- und Wirtschaftsprojekt und weniger für eine Transferunion eingesetzt. Von einem Warnschuss oder einem Ende der Europäischen Union wollte Ruck nicht sprechen, für ihn sei es vielmehr „ein Fingerzeig und eine Handlungsempfehlung für die Verantwortlichen in Europa, mehr Nähe zur Bevölkerung herzustellen.“

Schon im Vorfeld hatten sich die Wiener Wirtschaftstreibenden gegen einen Ausstieg Großbritanniens aus der EU ausgesprochen - mehr dazu in - Wiener Wirtschaft gegen „Brexit“. Die Wiener Politik hat sich bereits großteils negativ zu dem Votum geäußert. Nur Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) wollte vorerst keinen Kommentar abgeben - mehr dazu in Wiener Reaktionen: „Schock“ durch „Brexit“.

Betroffene bis erfreute Briten in Wien

Sehr betroffen zeigte sich etwa Alexander Christiani von der österreichisch-britischen Gesellschaft: „Ich halte das für einen schwarzen Freitag für Großbritannien und einen traurigen Tag für Europa.“ Die Entscheidung, die nicht auf Sachargumenten basiere, sondern ein Protest von vielen Seiten sei, bedauert er „außerordentlich“. Denn sie werde weitreichende wirtschaftliche und politische Auswirkungen haben.

Aber es gibt auch Briten in Wien, die das Ergebnis durchaus begrüßen: „Ich war für den Austritt“, sagt etwa ein älterer britischer Tourist gegenüber „Wien heute“. Hauptsächlich aufgrund des Diktats aus Brüssel: „Wenn die EU gesagt hat hüpf, sind wir gehüpft. Viele Briten wollen die Kontrolle zurück.“

Shakespeare & Company Brexit

ORF

Gemischte Gefühle gab es in der englischen Buchhandlung in der Innenstadt

Angst vor Auswirkungen auf Frieden und Wirtschaft

Im englischen Buchgeschäft Shakespeare & Company zeigt man sich „depressed“: „Es ist sehr schlecht für Europa und auch für den Frieden in der Welt.“ Die Buchhändlerin selbst sieht das gelassener, die Auswirkungen werden sich zeigen: „Ich mache mir jetzt da aktuell keine großen Sorgen.“

Britische Touristen in der Wiener Innenstadt befürchteten vor allem Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Manchmal hieß es auch schlicht „No comment!“

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