Gastarbeiter als lebendige Skulpturen

Vor 50 Jahren ist zwischen Österreich und Jugoslawien das Gastarbeiter-Abkommen geschlossen worden. Bei einer Ausstellung im MuseumsQuartier werden die Auswirkungen durch lebendige Skulpturen angreifbar gemacht.

Gleich zu Beginn erwarten die Besucherinnen und Besucher Installationen von Milan Mijalkovic, bei der echte Gastarbeiter als Hauptdarsteller mitwirken. Die Installationen bestehen aus 140 Zentimeter hohen Boxen, die an beiden Eingängen des Q21 stehen.

Versteckte Arbeiter

In den Boxen versteckt, also für den Besucher nicht sichtbar, befinden sich Gastarbeiter, die mit einer Heliummaschine Ballons aufblasen - und diese regelmäßig aufsteigen lassen. Alle 15 Minuten zeigen sich die Gastarbeiter dem Publikum, steigen auf die Boxen und werden damit zu lebendigen Monumenten.

Ausstellung: AJNHAJTCLUB

APA / Milan Mijalkovic

Foto-Objekt von Milan Mijalkovic

„Der erste Underground“

Kuratiert wird die neue Ausstellung „AJNHAJTCLUB“ von Bogomir Doringer, der vor allem junges Publikum ansprechen will: „Ich will ihnen diese Form der Migration vor Augen führen“, so der Kurator.

Ausstellungshinweis:

„AJNHAJTCLUB“, von 6. Juli bis 5. September, dienstags bis sonntags von 13.00 bis 16.00 Uhr sowie 16.30 bis 20.00 Uhr bei freiem Eintritt.

Dass er sich dafür einer Club-Ästhetik (nicht nur für den Titel) angenommen hat, ist inhaltlich begründet: Schließlich gab es etliche Clubs in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren, die von und für Gastarbeiter organisiert waren. „Sie waren sozusagen der erste Underground. Hier konnten sie, als Fremde in einem neuen Land, Spaß haben und teilnehmen.“

Club-Ästhetik trifft Baustellen-Charme

So erinnert die Ausstellungskonstruktion mit etlichen Gerüststrukturen nicht nur an Baustellen, sondern in gewisser Weise auch an Dancefloor, Disco und Drinks - das Fortgehen und sich Treffen als Möglichkeit des Anschlusses. Die Kunstwerke selbst, die in diesem Setting zu sehen sind, geben sich aber keineswegs uniformell oder diesem Chic untergeordnet, sondern eröffnen ihrerseits neue Deutungsräume.

Ausstellung: AJNHAJTCLUB

MQ / Bernd Oppl

Durch Installationen entstehen neue Deutungsräume

Filmprojektionen und Roboterarme

Ein „Archiv Migration“ hat Ljubomir Bratic aufgebaut: Aus seiner umfangreichen Sammlung sind einzelne Exemplare zu sehen, einerseits als Filmprojektion, andererseits in einer Vitrine platziert. Sie zeigen aus seiner Sicht auch „die drei Dimensionen der Migration: das Herkunftsland, das Ankunftsland und das Subjekt selbst“. Auch hier spielen Clubs und vor allem im Laufe der Zeit gegründete Vereine eine zentrale Rolle.

Neben etlichen Filmarbeiten, die zwischen historischen Aufnahmen und zeitgemäßer Verfremdung pendeln, sticht noch Addie Wagenknechts „Optimization of Parenthood“ hervor: Eine Babywiege wird dabei von einem Roboterarm sanft in Bewegung gesetzt. Nicht nur ein Beispiel für den durch Arbeitsverpflichtungen oft notwendigen Ersatz der Kinderpflege, sondern auch Sinnbild dafür, wie stark der technische Fortschritt in die allgemeine Arbeitswelt eingegriffen hat.

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