Husslein bleibt Belvedere-Direktorin

Agnes Husslein-Arco bleibt bis zum Ende ihrer bis Jahresende laufenden Amtszeit Belvedere-Direktorin. Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) kündigte an, interimistisch einen kaufmännischen Geschäftsführer einzusetzen.

Husslein hat das Vorliegen von Compliance-Verstößen laut Aussendung des Kuratoriums der Österreichischen Galerie Belvedere eingestanden und sich von sich aus verpflichtet, den entstandenen materiellen Schaden unverzüglich zu ersetzen. Wie hoch dieser sei, konnte Kuratoriums-Vorsitzender Hans Wehsely auf APA-Anfrage noch nicht beziffern. Auch über die konkreten Verstöße werde man erst nächste Woche Auskunft geben.

„In Abwägung der compliancerelevanten Fakten einerseits und den unbestreitbaren Verdiensten von Frau Dr. Husslein-Arco um das Belvedere und damit um die österreichische Kunst und Kultur andererseits hat sich das Kuratorium einstimmig dafür ausgesprochen, dass die Direktorin den laufenden Vertrag bis zum Jahresende 2016 erfüllt“, hieß es nach einer Sitzung des Kuratoriums am Donnerstag.

Belvedere Direktorin Agnes Husslein Arco

APA/Alina Parigger

Agnes Husslein-Arco bleibt bis Jahresende Belvedere-Direktorin

Drozda holt kaufmännischen Geschäftsführer

Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) teilte unmittelbar nach der Entscheidung des Kuratoriums mit, dessen Beschluss zu folgen. Eine Abweichung davon wäre nur bei Vorliegen des rechtlichen Sachverhalts „Gefahr in Verzug“ vorgesehen, der nach rechtlicher Beurteilung der Juristen nicht vorliege, betonte Drozda.

Gleichzeitig kündigte Drozda an, interimistisch einen kaufmännischen Geschäftsführer im Belvedere einzusetzen. „Dieser bzw. diese soll bis zum Antritt der neuen Geschäftsführung ein gleichberechtigtes 4-Augen-Prinzip sicherstellen“, unterstrich der Minister. Ein konkreter Name soll in den kommenden Tagen bekannt gegeben werden. Seine Entscheidung habe er sowohl dem Kuratorium als auch Agnes Husslein-Arco in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt, so Drozda.

Bestellungsprozess läuft wieder

Der zuletzt aufgrund der Vorwürfe ausgesetzte Bestellprozess für die künftige Doppelspitze des Museums läuft damit laut Kulturministerium wieder an. In rund zwei Wochen will man diesbezüglich mit dem Kuratorium zusammenkommen.

Eigentlich sollte die neue Geschäftsführung für das Belvedere bereits im Mai veröffentlicht werden, soll die neue Doppelspitze doch mit 1. Jänner 2017 ihr Amt antreten. Mitte Juni gab Hans Wehsely als Kuratoriumschef des Museums via Aussendung bekannt, dass der Bestellungsprozess ausgesetzt wird - nach Compliance-Vorwürfen gegen die amtierende Geschäftsführung - mehr dazu in Belvedere: Bestellungsprozess ausgesetzt.

Vorwürfe wegen Reisespesen

Die Vorwürfe gegen Husslein-Arco betreffen neben Reisespesen auch Leistungen, die Belvedere-Mitarbeiter in ihrer Dienstzeit in der Privatwohnung der Direktorin erbringen mussten. Die APA zitierte aus dem internen Bericht des Wirtschaftsprüfers BDO Austria, der vom Kuratorium in Auftrag gegeben wurde. Der entstandene Schaden liegt demnach unter 15.000 Euro.

Ein zentraler Punkt betrifft die Verlegung von Husslein-Arcos privatem Wohnsitz nach Kärnten während des Sommers, wofür sie keinen Urlaub genommen, sondern ihre Aufgaben als Geschäftsführerin weiterhin wahrgenommen habe. Dabei habe Husslein-Arco für die Fahrten zwischen Wien und Klagenfurt respektive in Kärnten Kilometergelder abgerechnet beziehungsweise Flugkosten und damit zusammenhängende Spesen.

„Die Verlegung ihres Wohnsitzes im Sommer nach Kärnten erlaube ihr eine effektivere und effizientere Wahrnehmung ihrer Aufgaben als oberste Repräsentantin des Belvedere“, so die zitierte Rechtfertigung der Museumschefin im BDO-Bericht. Die Abrechnungspraxis begründete Husslein-Arco mit der jahrelang unwidersprochen geduldeten Praxis, die dem Kuratorium bekannt gewesen sei. Außerdem habe sie für Bewirtung und Nächtigung wichtiger Personen für das Belvedere in ihrem Privathaus keine Kosten an das Belvedere verrechnet.

Abflussreinigung und W-LAN-Einrichtung

Auch zum Vorwurf, dass Belvedere-Mitarbeiter zahlreiche Leistungen wie die Abflussreinigung, die W-LAN-Einrichtung oder den Austausch von Druckerpatronen in Hussleins Privatwohnung erbrachten, nimmt der Bericht Stellung. „AHA verweist darauf, dass die meisten Tätigkeiten ihre private Wohnung am Stubenring betreffen, welche sie dem Belvedere kostenlos für Repräsentations- und Nächtigungszwecke zur Verfügung stellt.“

Die IT-Abteilung sei deshalb gefordert gewesen, da sie zuhause beruflich Internet und Drucker verwende. Dies sei auch von den betroffenen Belvedere-Mitarbeitern im Wesentlichen so bestätigt worden, heißt es im BDO-Bericht. Arbeiten in der Privatwohnung Garnisongasse und der Ordination von Husslein-Arcos Ehemann Peter seien außerhalb der Dienstzeit durchgeführt worden, wobei es sich um Gefälligkeiten gehandelt habe.

Dass Mitarbeiter den Privatwagen von Husslein-Arco zur Werkstatt gebracht haben und Transportfahrten für ihre Haushälterin und ihren Hund durchführten, bestätigen die Wirtschaftsprüfer. Allerdings sei der Privat-Pkw von den Mitarbeitern quasi als Dienstwagen betrachtet worden, und die „Transportfahrt für Haushälterin und Hund war auskunftsgemäß ein tiermedizinischer Notfall.“ Das Gassigehen mit Hussleins Hund - eine weitere Vorhaltung - sei von den Mitarbeitern in der Mittagspause erledigt worden.

Außenansicht des Museums "21er Haus"

APA/Georg Hochmuth

Außenansicht 21er Haus

Inhaltliche Öffnung des Belvedere

Unter der Führung von Agnes Husslein-Arco, die auf den langjährigen Leiter Gerbert Frodl folgte, erfuhren die verschiedenen Örtlichkeiten des Belvedere seit 2007 inhaltliche Öffnungen. So gab es unterschiedliche Interventionen zeitgenössischer Künstler, die älteren Werken gegenübergestellt wurden - wobei grundsätzlich Unteres Belvedere und Orangerie zu modernen Ausstellungsorten adaptiert wurden.

Wesentliche Meilensteine waren zudem die Eröffnung des Winterpalais von Prinz Eugen von Savoyen in der Himmelpfortgasse im Jahr 2013 sowie des 21er Hauses nahe des heutigen Hauptbahnhofs. Im von Karl Schwanzer 1958 als Pavillon für die Weltausstellung in Brüssel erbauten und nach Plänen von Architekt Adolf Krischanitz sanierten und adaptierten Komplex finden seit 2011 zeitgenössische Kunstausstellungen statt, aktuell etwa die erste Schau von Ai Weiwei in Österreich - mehr dazu in 21er Haus: Ming-Tempel von Ai Weiwei.

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