Volksanwalt pocht auf U-Bahn-Lift

Ein fehlender zweiter U-Bahn-Lift auf dem Stephansplatz sorgt für Debatten. Die Wiener Linien wollen ihn aus Kostengründen nicht bauen. Die Volksanwaltschaft besteht auf den Lift, ein Protest-Picknik sollte die Forderung unterstreichen.

Zwischen 70 und 80 Leute sind laut dem veranstaltenden Verein BIZEPS am Mittwoch zu dem Protest- Picknick auf den Stephansplatz gekommen. Rollstuhlfahrer formierten sich in einer Warteschlange und wollten so auf die langen Wartezeiten aufmerksam machen. Mit einer Kreidezeichnung auf dem Boden in der Goldschmiedgasse zeigten die Teilnehmer auch, wo ein zweiter Lift Platz hätte.

„Was sich hier abspielt, ist eine Schande für Wien“, ärgerte sich Martin Ladstätter von Bizeps. Den Lift wenige Monate nach der Zusage wieder zu streichen, sei „behindertenfeindlich“, so sein Vorwurf. BIZEPS setzt sich für ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderung ein. Vor dem derzeit einzigen Aufzug beim Haas-Haus komme es immer wieder zu Warteschlangen, weil dieser zu klein sei, kritisierte der Verein. Wenn er kaputt sei, sei die Station zudem gar nicht barrierefrei zu erreichen.

Volksanwaltschaft droht mit „Missstand“

Auch die Volksanwaltschaft sieht das so, derzeit läuft ein Prüfverfahren. Volksanwalt Günther Kräuter (SPÖ) bekräftigte die Forderung am Mittwoch: Er hoffe „doch sehr“, dass die Entscheidung „vernünftig“ ausfallen werde - nämlich für den Bau des zweiten Lifts: „Wir sind optimistisch.“

Auch aus Sicht der Volksanwaltschaft ist der zweite Lift notwendig, da die Station nicht ausreichend barrierefrei sei. Dabei wurde erinnert, dass nicht nur Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen den Aufzug nutzen würden, sondern auch Verletzte, ältere Personen oder Touristen mit Gepäck. Kritisiert werden die - ob des Andrangs - langen Wartezeiten auf den Lift bzw. auch dessen geringe Größe. Blieben die Wiener Linien bei ihrem „Nein“, würde dies auf einen Missstand hinauslaufen, stellte Kräuter den Entscheidungsträgern die Rute ins Fenster: „In diesem Fall liegt das sehr eindeutig.“

Aufzug in der U-Bahnstation Stephansplatz

ORF/Hubert Kickinger

Der Aufzug auf dem Stephansplatz sorgt immer wieder für Wartezeiten

Wenn die Volksanwaltschaft einen Missstand feststelle, dann würde darüber öffentlich diskutiert, was ein nicht allzugutes Licht auf die Betreffenden werfe, wie er weiters warnte. Offensichtlich brauche es Druck, um „ein Einlenken zu erreichen“, schlug der Behindertenanwalt des Sozialministeriums, Erwin Buchinger, in die gleiche Kerbe und richtete einen Appell an die Verkehrsbetriebe: „Lassen Sie es nicht darauf ankommen!“ Der Bau des zweiten Liftes sei „gesetzlich geboten“, betonte Buchinger außerdem mit einem Hinweis auf die entsprechenden Regelungen.

Wiener Linien: Nachbesserung bei Piktogrammen

Eigentlich hätte ein zweiter Lift im Zuge der Sanierungsarbeiten auf dem Stephansplatz errichtet werden sollen, wie der SPÖ-Rathausklub im März via Aussendung in Aussicht stellte. Doch die Kosten von über zwei Millionen Euro hätten die Wiener Linien tragen müssen - mehr dazu in Zweiter Lift am Stephansplatz?. „Wir sehen im Hinblick auf die Kosten-Nutzen-Relation keinen Bedarf. Denn die Station ist mit dem einen Lift barrierefrei erreichbar“, sagt Wiener-Linien-Sprecher Michael Unger auf Anfrage von wien.ORF.at.

Aufzug in der U-Bahnstation Stephansplatz

ORF/Hubert Kickinger

Größere Piktogramme sollen Vorrang deutlicher machen

Unterstützung von Grünen und ÖVP

Für die Wiener Linien liegt das Problem vor allem darin, dass viele Menschen den bestehenden Lift benutzen, die ihn gar nicht brauchen und eigentlich auch mittels Rolltreppe in die Station gelangen könnten. „Durchschnittlich benutzen drei Rollstuhlfahrer pro Stunde den Lift. Wenn man jetzt noch Personen mit Kinderwägen und gebrechliche Personen dazu zählt, wäre das mit dem einen Lift machbar“, sagt Unger. Die Wiener Linien haben deshalb die Hinweistafeln samt Piktogramme bei dem bestehenden Aufzug „vergrößert und besser sichtbar gemacht“.

„Einfach lächerlich“, kommentierte dies Sebastian Gimbel von der Bezirksvertretung Innere Stadt (ÖVP) am Dienstag per Aussendung: „Dieses Ablenkungsmanöver ist lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Die Station Stephansplatz werde täglich von so vielen Menschen genutzt wie Innsbruck und Salzburg gemeinsam Einwohner hätten. Unterstützt wurde er von ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg. Auch die Grünen, konkret Verkehrssprecher im Bund Georg Willi, „verlangte“ per Aussendung einen zweiten Lift.

Zehn Jahre Aufgrabungsstopp

Viel Zeit für den Einbau eines zweiten Aufzuges gibt es jedenfalls nicht mehr. Denn im August werde die Generalsanierung des Stephansplatzes endgültig freigegeben, so der Bezirksvorsteher der Inneren Stadt Markus Figl (ÖVP). Nach den Bauarbeiten werde zehn Jahre lang ein Aufgrabungsstopp verhängt.

„Damit ist klar: Entweder die Stadt Wien und die Wiener Linien stehen zu ihren Zusagen und geben zwei Millionen für diese wirklich essenzielle Investition in die Innere Stadt frei oder wir können uns für immer vom Traum eines zweiten Liftes verabschieden“, so Figl.

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