Dramaturg der Nation: Hermann Beil ist 75

Hermann Beil ist so etwas wie der Dramaturg der Nation, mittlerweile auch Rezitator, Regisseur und eine Säule des deutschsprachigen Theaters - und prominent als Zuckerbäcker der Bühnenzunft. Am Dienstag wurde er 75.

Thomas Bernhard hat ein Stück nach ihm benannt und der Burgtheater-Portier hat auch mehr als 15 Jahre nach Ende seiner Kodirektion jedes Mal Post für ihn: Hermann Beils Name ist untrennbar mit dem Wiener Burgtheater verbunden. Auch als das vorzeitige Ende der Direktion Hartmann absehbar wurde, war Beils Name der erste, der fiel. Den einstigen Peymann-Kodirektor und langjährigen Chefdramaturgen wollten viele als besonnenen Kapitän auf stürmischer See an Bord kommen sehen - mehr dazu in Burg: Hermann Beil als Interims-Chef?

Er wurde zunächst Teil der Findungskommission und in Folge - auf eigenen Wunsch - „nur“ Berater der zunächst interimistisch bestellten Karin Bergmann. Am Haus fühlt sich Beil, der nicht zuletzt maßgeblich an Hartmanns Bestellung beteiligt war („Er ist ein wirklich guter Regisseur“, sagte er der APA nach Bekanntwerden der Misere), noch immer zu Hause. „Immer wenn ich in die Burg komme ruft der Portier: ‚Herr Beil, für Sie ist Post da.‘“

Hermann Beil

APA/Barbara Gindl

Hermann Beils Name ist untrennbar mit dem Wiener Burgtheater verknüpft

Feier mit Thomas Bernhard-Festvorstellung

Auch seinen Geburtstag feiert man am Ring - natürlich mit Thomas Bernhard. Am 30. September gibt Beil eine Festvorstellung seines international viel gespielten Rezitationsprogramms „Ich will in die entgegengesetzte Richtung“, dessen Textauswahl durchaus von der persönlichen Beziehung zum Autor geprägt ist.

Seine Verbindung zu Bernhard hat über dessen Tod hinaus gehalten: Nicht zuletzt weil der Autor dem Theaterpaar Peymann/Beil in seinem Dramolett „Claus Peymann und Hermann Beil auf der Sulzwiese“ ein Denkmal setzte. Beil spielt sich darin (das Stück läuft seit 2009 wieder im Akademietheater) seit vielen Jahren selbst.

„Natürlich bin ich immer noch gerührt, beschämt und zugleich sprachlos glücklich, mich in eine Thomas-Bernhard-Figur verwandelt und so in den großen Reigen der beredt schweigenden Figuren des Bernhard’schen Theaterkosmos aufgenommen zu sehen“, schrieb Beil in seinem Theater-Geschichten-Buch „Theaternarren leben länger“ (2000 Zsolnay Verlag), einem Resümee aus 13 Burgtheater-Jahren. Seither schrieb auch der kürzlich verstorbene Peter Esterhazy für Beil ein Dramolett: „Affolter, Meyer, Beil (Don Juan oder Die glückliche Familie)“, uraufgeführt 2006 in Salzburg.

Hermann Beil

APA/Barbara Gindl

Thomas Bernhard verewigte Beil auch in einem Dramolett

Wiener arbeitet seit 1965 als Dramaturg

Geboren wurde Beil 1941 in Wien, seit 1965 arbeitet er als Dramaturg. Von Frankfurt führte ihn sein Weg über Basel, wo er die Arbeit mit Friedrich Dürrenmatt als eine entscheidende Begegnung bezeichnete, 1974 zu Claus Peymann nach Stuttgart, den er anschließend auch als Dramaturg nach Bochum folgte und sieben Jahre später von 1986 bis 1999 als Kodirektor ans Burgtheater.

Ab 1999 arbeitete er - allerdings nicht mehr so fix ans Haus gebunden - als Dramaturg am von Peymann geleiteten Berliner Ensemble. In der Direktion Gerard Mortier war er Mitarbeiter bei den Salzburger Festspielen, unter anderem als Leiter der Reihe „Dichter zu Gast“. Als Regisseur prägte Beil unter anderem die Festspiele Reichenau, als potenzieller Theaterdirektor war er schon vor der Burg für die Josefstadt gehandelt worden - auch hier sagte er ab. „Ich muss nicht Direktor sein, um glücklich zu sein“, verriet er der APA.

Vierte Berufung als Zuckerbäcker

Seine vierte Berufung, nach der als Dramaturg, als Rezitator und als Regisseur, ist die Zuckerbäckerei. Kollegen schwärmen von den Torten, die der Konditor Beil zu Theaterereignissen kreiert hat, etwa die Doping-Torte, die er zur Uraufführung von Elfriede Jelineks „Sportstück“ in der Inszenierung von Einar Schleef kreierte.

Über die 92 Tabori-Torten anlässlich des 92. Geburtstages von George Tabori im Jahr 2006 drehte Michael Verhoeven gar den Film „Die poetische Geburtstagstorte“. „Schließlich ist Dramaturgie durchaus so etwas wie Zuckerbäckerei. Am Theater ist alles eine Frage der Zutaten und der richtigen Mischung“, schreibt der Theatertortenbäcker dazu.