Tödlicher Überfall: Mann enthaftet

Nach den tödlichen Schüssen auf einen Polizisten bei einem Supermarktüberfall im Juli ist der angebliche Komplize des Täters enthaftet worden. Der 63-Jährige hatte stets bestritten, von den Raubplänen gewusst zu haben.

„Nach Ansicht des Haftrichters war nicht mehr von dringendem Tatverdacht auszugehen“, erläuterte Gerichtssprecherin Christina Salzborn die Entscheidung nach dem Haftprüfungstermin. Da damit kein Haftgrund gegeben war, fehlte die Basis für die Fortsetzung der U-Haft.

In Kaffeehaus auf Täter gewartet

Der 63-jährige Jurist hatte den Räuber - einen 49 Jahre alten gebürtigen Bosnier - bei sich wohnen lassen und zum Tatort in Penzing chauffiert. Während der Täter drei Angestellte einer Billa-Filiale auf der Hütteldorfer Straße fesselte und auf Polizisten schoss, die nach Eingehen eines Alarms auf den Plan traten, wartete der 63-Jährige in einem nahe gelegenen Kaffeehaus auf den Mann.

Der Jurist hatte zugegeben, den Täter zum Tatort gebracht zu haben. Dass sein Bekannter vorhatte, einen Supermarkt auszurauben, will er aber nicht gewusst haben. Zeugenaussagen stützten die Angaben des Verdächtigen.

Öfters als Chauffeur für Mitbewohner fungiert

Wie sich zeigte, dürfte der 63-Jährige in der Vergangenheit tatsächlich mehrfach für den Bosnier als Chauffeur fungiert haben, wenn dieser Aufträge zur Erledigung handwerklicher Arbeiten erhielt. Wiederholt soll er den Mann zu den entsprechenden Arbeitsplätzen gebracht und dort gewartet haben, bis der 49-Jährige diese Tätigkeiten beendet hatte. Er sagte, genau davon sei er auch ausgegangen, als er seinen Mitbewohner in die Hütteldorfer Straße fuhr.

Laut Gerichtssprecherin Salzborn legt die Staatsanwaltschaft Wien gegen die Enthaftung vorerst kein Rechtsmittel ein. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nina Bussek, meinte, man habe drei Tage Bedenkzeit. Die Ermittlungen gegen den 63-Jährigen werden jedenfalls vorerst fortgesetzt. Der primäre Tatverdacht laute weiterhin „Beitrag zum schweren Raub mit Todesfolge“. Zudem werde gegen den Mann nach dem Waffen- und Sprengmittel ermittelt.

Anwalt rechnet mit Einstellung des Verfahrens

Bei seiner Festnahme im Juli war der Mann bis auf die Zähne bewaffnet. Als Beamte des Einsatzkommandos Cobra die Wohnung in der Wiener Innenstadt stürmten, lag der Mann mit einer Pistole in der Hand im Bett und zielte auf die Polizisten - mehr dazu in Schießerei: U-Haft für Komplizen.

„Er war betrunken“, konstatierte sein Anwalt Wolf-Georg Schärf. Die Waffe habe sein Mandant legal besessen. Hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Verstöße gegen das Waffen- sowie das Sprengmittelgesetz sei der Mann geständig, erläuterte Schärf. Hinsichtlich des Tatverdachts der Beteiligung am schweren Raub mit Todesfolge „rechne ich mit einer Einstellung des Verfahrens“, so der Anwalt.

Erster ermordeter Polizist in 23 Jahren

Ein 23 Jahre alter Polizist wurde bei dem Schusswechsel in Penzing am Kopf getroffen, ehe die Einsatztruppe WEGA den Räuber erschoss, der sich auf einem Dach verschanzt und mit seiner Pistole auf die Sondereinheit gefeuert hatte. Der Polizist starb einige Tage nach der Tat in Kärnten - mehr dazu in Schießerei: Angeschossener Polizist gestorben (wien.ORF.at; 5.7.2016). Er war damit der erste im Dienst gewaltsam getötete Polizist in mehr als 23 Jahren in Wien - mehr dazu in Erster ermordeter Polizist in Wien seit 1993. Sein 25-jähriger Kollege erlitt einen Bauch- und einen Hüftschuss.

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