30. Todestag von Helmut Qualtinger
Schriftsteller, Schauspieler, Kabarettist. Helmut Qualtinger war ein Multitalent. Seine Bühnenkarriere begann er 1947 im Alter von 19 Jahren. 1951 gelang es ihm, in die Medien zu kommen - mit einer Zeitungsente.
dpa/A0060 Horst Ossinger
Untrennbar verbunden ist die Erinnerung an ihn mit seiner berühmtesten Schöpfung, der Figur des „Herrn Karl“. Das gleichnamige Stück sorgte 1961 für viel Aufsehen. Der Provokateur verstarb am 29. September 1986 mit 57 Jahren an einem Leberleiden. Der ORF widmet ihm zu seinem 30. Todestag mehrere Sendungen.
ORF zeigt Bekanntes und weniger Bekanntes
Am 25. September lief in ORF2 die Dokumentation „Helmut Qualtinger Portrait eines Unbequemen“. Darin zeigt Wolfgang Beyer neben Ausschnitten aus Qualtinger-Klassikern auch bisweilen kaum bekanntes Filmmaterial, wie die skurrilen „Science Fiction“-Werbefilme und den wiederentdeckten Spielfilm „Du bist der Richtige“, in dem Qualtinger einen Maharadscha spielte. Zu Wort kommen außerdem Qualtingers Weggefährten wie Gerhard Bronner und Louise Martini sowie „Nachgeborene“ wie etwa Alfred Dorfer.
Sendungshinweis
„Mir brauchen Sie gar nix derzähln ...!“, Texte von Helmut Qualtinger gelesen von Roland Knie, in Ö1.
Am Abend desselben Tages folgte ein Filmporträt von Qualtinger gestaltet von Andre Heller, das einen intimen Blick auf den Komödianten, der sich selbst lediglich als „Menschenimitator“ sah, werfen will. Beide Programme können in der TVthek nachgesehen werden. Am 24. Oktober ab 16.00 Uhr bringt Ö1 außerdem eine Lesung mit dem Titel „Mir brauchen Sie gar nix derzähln ...!“, in der der Theaterschauspieler Roland Knie Texte Qualtingers liest.
ORF/DOR Film/Gabriela Brandenstein
Österreich einen Spiegel vorhalten
Qualtingers berühmtestes Werk ist zweifelsohne „Der Herr Karl“. Das Stück wurde 1961 vom ORF in Auftrag gegeben und in Zusammenarbeit mit Carl Merz verfasst. Der 50-minütige Monolog wurde zur Gänze im österreichischen Rundfunk ausgestrahlt, der dafür wütende Leserbriefe kassierte.
Der Protagonist erzählt seine Lebensgeschichte und entlarvt sich dabei als feiger, arbeitsscheuer und egoistischer Raunzer. Er ist einer, der sich mit den Mächtigen arrangiert - von der „Frau Chefin“ bis zu Adolf Hitler - und immer seinen persönlichen Vorteil im Auge behält. Ein Mitläufer ohne Gewissensbisse. Ein Profiteur. Damit sollte dem österreichischen Volk, das die Mitverantwortung für den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg nur zu gern verdrängen wollte, ein Spiegel vorgehalten werden.
„Herr Karl“ als Zukunftsbewältigung
„Jeder einzelne Satz ist irgendwann einmal von irgendjemandem in Wien gesprochen oder gedacht worden“, sagte Qualtinger über sein Stück selbst. Die Empörung beim Publikum war groß, das Lob der Kulturkritiker war dafür umso größer. Unzählige Male wurde der Einakter auf den Bühnen Österreichs aufgeführt und sogar achtmal auf dem Broadway in New York. Heute ist er als DVD oder Hörspiel nach wie vor beliebt.
APA/SCHMITT/HDS
„Der ‚Herr Karl‘ war, rückblickend gesehen, nicht Vergangenheits-, sondern Zukunftsbewältigung“, sagte der Künstler Alfred Hrdlicka nach Qualtingers Tod 1986. Der Bildhauer gestaltete die Büste auf dem Ehrengrab des umstrittenen Satirikers auf dem Wiener Zentralfriedhof.