Schülerproteste gegen Abschiebung

Für Aufregung in Wien-Liesing sorgt derzeit die für heute geplante Abschiebung einer syrischen Familie nach Kroatien. Mitschüler des 13-jährigen Sohnes sammelten hunderte Unterschriften. Die Abschiebung ist kein Einzelfall.

Die syrisch-christliche Familie aus Aleppo lebte in einem Pfarrhaus in Wien-Liesing. Mittwochfrüh wurden der über 60-jährige Vater, die 25-jährige Tochter und der 13-jährige Sohn dann in ein Schubhaftzentrum in Wien-Simmering gebracht - die kranke Mutter befindet sich noch in Aleppo.

Zimmer der syrischen Familie

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Das Zimmer der Familie, bevor sie in Schubhaft kamen

„Es waren viele Beamte da, die ihnen gesagt haben, sie sollen alles einpacken, was sie brauchen, sie dann abgeführt haben und mit Blaulicht losgefahren sind“, erzählte Quartiergeberin Ruth Lesigang im Interview mit der „ZIB2“. „Mein Kollege hat gesagt: Gerade dass sie keine Handschellen hatten.“

Einreise nach Österreich tatsächlich illegal?

Im Asylbescheid der Familie heißt es, dass diese im Herbst 2015 illegal nach Österreich eingereist wäre, also zu einem Zeitpunkt, als Österreich die Grenzen aus humanitären Gründen geöffnet hatte. Slowenien bestreitet etwa, dass diese Grenzübertritte illegal waren und wehrt sich gegen Abschiebungen aus Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof. Kroatien erklärte sich laut Innenministerium jedoch in vielen Fällen zuständig.

Rund 1.300 Flüchtlinge sind heuer bereits nach dem sogenannten Dublin-Verfahren aus Österreich abgeschoben worden, aktuell vermehrt nach Kroatien. Laut der Dublin-Regelung ist jenes europäische Land für das Asylverfahren zuständig, das die Asylsuchenden nachweislich zuerst betreten haben.

Syrische Familie

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Die Mutter, nicht im Bild, befindet sich noch in Aleppo, sie ist krank

Ob die syrische Familie tatsächlich ein sogenannter Dublin-Fall ist, und die Einreise nach Österreich damit illegal war, stellte Christoph Riedl von der Diakonie im Ö1-Interview am Donnerstag jedoch in Frage. Die Flüchtlinge seien im vergangenen Jahr aus seiner Sicht legal nach Österreich eingereist: "Man hat sie ja hereingelassen und nicht zurückgewiesen“, so Riedl. Darüber hinaus wären die meisten Flüchtlinge ja über Griechenland gekommen, eigentlich wäre also Griechenland zuständig.

Unterschriften gesammelt und Plakate gemalt

Im Asylbescheid der syrischen Familie heißt es auch, dass diese in Österreich nicht besonders gut integriert gewesen sei. Lehrer und Mitschüler des 13-jährigen Sohnes sehen das jedenfalls anders. „Er hat hier Fußball und Tennis gespielt und viele Freunde gefunden. Die ganze Schule steht hinter ihm“, sagte Klemens Lesigang, stellvertretender Schulsprecher der St. Ursula Schule in Liesing gegenüber Ö1. Der Syrer hatte die Schule seit elf Monaten besucht.

Plakat

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Mitschüler des 13-Jährigen sammelten hunderte Unterschriften

„Die Kinder haben zum Teil geweint und sich zurückgezogen, weil sie das Gefühl hatten, es wurde ihnen wirklich ein Freund genommen“, beschrieb auch Lehrerin Bettina Weinhäupl in der „ZIB2“. Die Schüler sammelten hunderte Unterschriften für ein Aufenthaltsrecht der Familie, malten Plakate und versuchten auch, Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) anzurufen.

Fall bei Bundesverwaltungsgericht

Derzeit liegt der Fall der Familie beim Bundesverwaltungsgericht, jedoch als reine Formsache. „Es handelt sich dabei um ein Dublin-Verfahren (...), in dem lediglich geprüft wird, ob Österreich das zuständige Land für die Führung des jeweiligen Asylverfahrens ist“, heißt es in einer Stellungnahme des Gerichts gegenüber der „ZIB2“.

Schüler protestieren gegen Abschiebung

Ein 13-jähriger Syrer und seine Familie sollen nach Kroatien abgeschoben werden. Seine Mitschüler wollen das verhindern und sammelten Unterschriften.

Theoretisch könnte die Republik Österreich den Fall auch an sich ziehen, ein inhaltliches Asylverfahren eröffnen - in dem es nicht nur um die Zuständigkeit geht -, und dann auch Asyl gewähren, so Riedl von der Diakonie. Der syrische Vater ist derzeit jedenfalls verzweifelt. „Er hat gesagt, er schafft das nicht nocheinmal“, erzählte seine einstige Quartiergeberin Ruth Lesigang. „Man weiß nicht, wie lang das Verfahren in Kroatien dauert, das kann einem niemand sagen. Er geht zurück nach Aleppo.“