Dialog mit einem Bot: Wien als Chatbot-Hotspot

Wien will international zur zentralen Stelle für Chatbots werden und sieht sich derzeit als Vorreiter. Chatbots werden von Unternehmen vor allem im Kundenservice eingesetzt. Der Trend steht aber gerade erst am Anfang.

Die IT-Szene in Wien wächst und ist, laut David Pichsenmeister vom Unternehmen „orat.io“, gerade dabei sich als Hotspot für den noch relativ jungen Bereich Chatbots auf mobilen Messenger-Apps (WhatsApp, Facebook Messenger, etc.) international zu etablieren. Chatbots sind computerbasierte Dialogprogramme, mit denen man via Sprach- oder Texteingabe kommunizieren kann. Seit einigen Jahren setzt etwa das US-Unternehmen Apple mit der Software „Siri“ auf ein ähnliches System.

Chatbot Wien

orat.io

Hier unterstützt ein Chatbot Nutzer und Nutzerinnen beim Kleidungseinkauf

Vernetzungstreffen in Wien

Immer mehr Start-Ups entwickeln solche Chatbots und versuchen diese für alle möglichen Unternehmen interessant zu machen. Neben Berlin, London oder Tel Aviv gibt es auch in Wien eine stark vernetzte Community, die sich verstärkt mit der Entwicklung von Chatbots auseinandersetzt. „Uns war es wichtig, Experten und Vordenker aus diesem Bereich nach Wien zu holen, um einen Austausch zu ermöglichen“, erzählt Pichsenmeister gegenüber wien.ORF.at.

Darum hat er auch die „ChatbotConf16“ ins Leben gerufen, bei der sich vergangene Woche junge Unternehmer aus ganz Europa im Studio 44 auf der Landstraße trafen, um die erste europäische Konferenz zu den Themen Chatbots und mobiles Messaging abzuhalten. „Wir wollen die Industrie vernetzen, innovative Köpfe aus ganz Europa zusammen bringen und Wien als zentrale Stelle in der internationalen Chatbot-Bewegung etablieren“, schildert Pichsenmeister.

Chatbot Wien

orat.io

Das Team von „orat.io“ bei der ChatbotConf16 im Studio 44

Denn auch wenn Wien gegenüber Städten wie Berlin, London oder Tel Aviv noch etwas aufzuholen hat, ist die Stadt „im Bereich Chatbots früh aufgesprungen und es gibt eine gut vernetzte Community.“ Die Dichte an Start-Ups in Wien ist groß. Im Jahr 2015 wurden rund 560 Projekte gefördert, davon 140 Projekte im Bereich der Start-Ups mit rund 9,2 Millionen Euro. 30 davon erhielten über 100.000 Euro - mehr dazu in Weiter Aufholbedarf bei Start-ups in Wien.

Förderungen bis 500.000 Euro möglich

Das junge Start-Up „orat.io“ gibt es seit über einem Jahr. Die Plattform ermöglicht es Unternehmen ihr Kundenservice über mobiles Messaging zu betreiben, zum Beispiel via „WhatsApp“, „Facebook Messenger“, „Telegram“ oder „Kik“. „Für Unternehmen ist es vor allem interessant besonders nahe am Kunden zu sein und auf den Kanälen verfügbar zu sein, wo Kunden die meiste Zeit verbringen“, ist sich Pichsenmeister sicher.

In der Wiener Wirtschaftsagentur gibt es deshalb eine eigene Abteilung, die sich um Technologieservices kümmert. Für einzelne Projekte sind Förderungen in einer Höhe von bis zu 500.000 Euro möglich. "Die geförderten Unternehmen sind jedoch dazu verpflichtet, mindestens 50 Prozent der Fördersumme zu investieren“, erklärt Ursula Kainz, verantwortlich für Kommunikation und Marketing bei der Wirtschaftsagentur Wien.

Chatbot Wien

Mon Style

Der Bot „Sophie“ kann bei Kaufentscheidungen unterstützen und beraten

Das Kundenservice von morgen

Das junge Unternehmen „Mon Style“ hat von der Wirtschaftsagentur Wien für zwei Projekte Förderungen im Wert von 180.000 Euro erhalten. „Mon Style“ ist ein innovatives Empfehlungssystem für den Kleidungskauf. Dabei wird der User bei Bedarf von „Sophie“, einem Style-Bot, unterstützt, um so einfach und schnell das perfekte Kleidungsstück für den passenden Anlass zu finden. „Der Austausch zwischen den einzelnen Unternehmen funktioniert sehr gut. Das, zusammen mit den zahlreichen Förderungen, macht Wien zu einem interessanten Standort“, sagt Stephan Karner, Mitbegründer von „Mon Style“.

„Wien ist im Bereich der IT einer der wichtigsten Standorte Europas“, sieht auch Kainz so. An der „ChatbotConf16“ vergangene Woche war die Wirtschaftsagentur ebenfalls beteiligt. „Wir unterstützen solche Veranstaltungen, um unterschiedliche Bereiche der Wiener Wirtschaft zu vernetzen und diese auch sichtbar zu machen“, sagt Kainz gegenüber wien.ORF.at.

Chatbots sind vielseitig einsetzbar

Ein weiteres Unternehmen, das Start-Ups dabei hilft neue Technologien in ihr bestehendes Portfolio einzubauen, ist „The Ventury“. Die Innovationsagentur hat dieses Jahr in Zusammenarbeit mit den Austrian Airlines einen Service-Chatbot entwickelt. Anfragen von Kunden der Fluglinie werden direkt im Facebook Messenger von einem Chatbot beantwortet - mehr dazu in Automatisierte Kundenbetreuung bei AUA.

AUA-Chatbot

AUA

Der Chatbot der AUA soll einfache Fragen beantworten

„The Ventury“ war für das Konzept und die Umsetzung verantwortlich und ist dabei den Chatbot weiterzuentwickeln. Wien sei eine „gute Förderlandschaft“ und man habe hier eine „einzigartige Situation geschaffen“, sagt Jakob Reiter, Mitbegründer von „The Ventury“ und fügt hinzu, „man könne im Bereich der Chatbots mit Regionen wie dem Silicon Valley mithalten.“ Die Möglichkeiten die Chatbots bieten, sind laut Reiter noch schwer abzuschätzen, denn die Entwicklung steckt noch in den Kinderschuhen.

Wie unsere Zukunft mit Chatbots aussehen könnte, zeigt jedoch das Science-Fiction-Drama „Her“ aus dem Jahr 2013, mit Joaquin Phoenix in der Hauptrolle. Im Film baut der Protagonist, der sich in einer privaten Krise befindet und kurz vor der Scheidung steht, eine intime Beziehung zu seinem Chatbot „Samantha“ auf.

Johannes Wagner, wien.ORF.at

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