28 Verdachtsfälle auf Kinderprostitution

Im Jahr 2015 hat die Wiener Polizei 28 Kinder in die Betreuungseinrichtung „Drehscheibe“ gebracht, weil der Verdacht bestanden hat, dass sie sexuell ausgebeutet werden. Die meisten Kinder kamen aus ungarischen Heimen.

Im Vorjahr hat die Polizei 23 Mädchen und fünf Burschen in die Wiener Kinderhilfeeinrichtung gebracht, bei denen Verdacht auf sexuelle Ausbeutung beziehungsweise Kinderprostitution bestand. Die Mädchen waren zwischen 15 und 17 Jahre alt und kamen größtenteils aus Ungarn, sagte „Drehscheibe“-Mitarbeiter Christoph Grabner am Dienstag im Ö1-Mittagsjournal: „Mädchen, die vor Kinderheimen angeworben wurden, die Heime haben sie teils abgängig gemeldet.“

„Loverboy“-Methode

Vermutlich habe ihnen ein sogenannter Loverboy die große Liebe vorgespielt, um sie dann zur Prostitution zu überreden. "Das Spezifikum bei der „Loverboy"-Methode ist, dass es eine Art von Zwang ist, aber eine sehr feinklingige - ein Abhängigmachen über eine Liebesbeziehung“, erklärte Grabner.

Was Burschen betrifft, sollen die Kinder nicht nur durch betteln, sondern eben auch durch Prostitution versucht haben, im Auftrag ihrer Familien und für Hintermänner an Geld zu kommen. Vor zehn Jahren wurde in einer Studie und im Buch „Auf dem Strich“ die Schätzung veröffentlicht, dass es zum damaligen Zeitpunkt allein in Wien mehr als 200 unter-18-jährige Mädchen in der Prostitution gebe.

Die österreichischen Behörden veröffentlichten dazu keine Daten. Kritiker meinen, es gebe auch keine ausreichenden Schutzmöglichkeiten für die Opfer. Die Wiener „Drehscheibe“ ist auch auf die Unterbringung und Betreuung von jugendlichen Prostituierten, Bettelkindern und Mädchen, die Taschendiebstahl begehen, spezialisiert.

Zu wenige Schutzwohnungen für Kinder

„Es ist leider so, dass die meisten Mädchen diese Einrichtung auch am selben Tag wieder verlassen“, sagte „Drehscheibe“-Sozialarbeiter Martin Eidler. Denn die Betroffenen würden sich oft nicht als Opfer fühlen und seien abhängig. Außerdem sei die Adresse der Drehscheibe nicht geheim, Zuhälter könnten Mädchen und Burschen geradezu abholen kommen.

Deshalb fordert Astrid Winkler von der Kinderschutz-NGO „Ecpat“ österreichweit mehr spezialisierte Einrichtungen und geheime und geschlossene Schutzwohnungen: „Wenn die Gefahrenstufe für die Jugendlichen extrem hoch ist, dass es zumindest zwei, drei Wochen möglich ist, nicht einzusperren, aber zumindest nur in Begleitung hinauszugehen. Wir in Österreich sind nicht in der Lage, potentielle Opfer von Kinderhandel zu schützen.“

Es gehe um den Beziehungsaufbau mit den Jugendlichen. Aber wegen des Heimskandals, sei diese Forderung vor allem in Wien bisher kaum durchsetzbar. „Die Jugendhilfe Wien hat eine unleugbare Vergangenheit und deshalb ist es nicht möglich über geschlossene Einrichtungen zu diskutieren. Das ist bis zu einem gewissen Grad auch gut so“, sagte Grabner. Winkler argumentiert, dass es für Erwachsene immerhin geheime Schutzwohnungen gebe, für Minderjährige allerdings so gut wie nicht.

Link: