„111 Gründe, Wien zu hassen“ als Liebeserklärung

Seit Jahren wird Wien als eine der lebenswertesten Städte geehrt. Ein Buch zeigt nun das Gegenteil auf: „111 Gründe, Wien zu hassen“. Darin rechnet Autor Markus Lust mit der Stadt ab - mit einem versöhnlichen Ende.

Vom schlechten Modegeschmack über trostlose Würstelstände bis hin zu Hochpolitischem - das sind nur wenige der insgesamt 111 Gründe, die Autor Markus Lust gefunden hat, weshalb man Wien hassen sollte. Er geht mit der Stadt hart ins Gericht. Das beginnt bei der Kleidung der Wienerinnen und Wiener. „Das Problem ist ein bisschen, dass alles was in Richtung entspannter Modelook gehen würde, bei uns noch immer als Sandleroutfit gesehen würde.“

Kritik an Politik und Würstelständen

Auch der viel geliebte Wiener Würstelstand bekommt ordentlich Fett ab. Als trostlos und in den 90ern stehen geblieben, beschreibt Lust die heimischen Imbissstände. „Das worauf man stolz ist, sind Würstelstände, obwohl die zu 95 Prozent unter aller Sau sind. Bei denen dreht sich der Käsekrainer drei Tage lang im Fett und das modernste der Imbisskultur sind Asia-Stände mit Mitnahmeboxen.“

Buch Markus Lust

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Doch es gibt nicht nur Imbiss-, sondern auch Gesellschaftskritik - siehe Grund Nr. 60: „Weil Frauen hier nur acht Prozent der Straßennamen ausmachen.“ Dieser Punkt liegt dem Autor besonders am Herzen. Die Lösung der Stadt sieht er als Teil des Problems. „Wien kommt auf diese acht Prozent, weil sie in der Seestadt Aspern unglaublich viele Straßen und Plätze nach Frauen benannt haben“, so Lust.

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Autor Markus Lust im ORF-Interview

„Wien hat Selbstreflexion nötig“

„Sie haben dort quasi eine Müllhalde für Frauennamen eingeführt, um die Quote zu heben. Das ist natürlich schön und wahrscheinlich auch gut gemeint, aber zeigt auch, welchen Prioritäten man Frauennamen im öffentlichen Bild in Wien einräumt.“ Lust will also nicht nur oberflächliche Beobachtungen anstellen.

„Ich hatte immer wieder kurze Anflüge, wo ich dachte, da tue ich Wien jetzt Unrecht. Aber dann habe ich mir wieder gedacht, dass Wien genau das braucht.“ Laut dem Autor sei es ein bisschen wie bei den eigenen Eltern. „Die anderen dürfen sie nicht kritisieren und man selber kritisiert es eh die ganze Zeit. Aber nur wenn es andere Leute kritisieren, beginnt man darüber nachzudenken. Es schadet nicht, weil Wien ein bisschen Selbstreflexion nötig hat.“

Schlussendlich ist das Buch eine kleine Liebeserklärung. Nach 110 Gründen, warum man Wien hassen sollte, kommt Lust dann bei 111 doch zu dem Schluss: Eigentlich muss man Wien trotz Allem einfach lieben.