Filmarchiv zeigt NS-Propaganda

Die Nationalsozialisten haben den Kinofilm schnell als wirksames Propagandainstrument erkannt. Rund 40 dieser NS-Filme dürfen auch heute nur eingeschränkt gezeigt werden - ihnen widmet das Filmarchiv Austria eine Retrospektive.

In den Jahren 1933 bis 1945 wurden in Deutschland ca. 1.200 Filme produziert - denn in kaum einer anderen Zeit wurde dem Kino so viel propagandistische Kraft zugemessen wie im Nationalsozialismus. Heute sind rund 40 dieser Filme als so genannte „Vorbehaltsfilme“ immer noch verboten - das bedeutet, sie dürfen nur unter speziellen Auflagen und mit einer historischen Einführung gezeigt werden. Genau das passiert nun im Filmarchiv Austria im Rahmen der Reihen „NS-Propagandafilme“ und „Antisemitismus im NS-Film“.

Wien-Film als Hollywood der „Ostmark“

Wien spielte dabei keine unbedeutende Rolle: Film solle gestalten „was Menschenherzen erfüllt und erbeben lässt“, lautete das Motto von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels für die 1938 gegründete Wien-Film. „Sie sollte zum Hollywood der ‚Ostmark‘ werden, eine ideologische Illusionsfabrik, die programmatisch bessere Welten produziert und gleichzeitig auf die Vernichtung einschwört“, heißt es beim Filmarchiv. Komplexe Propaganda stand dabei ebenso auf der Tagesordnung wie leichte Unterhaltung.

Wien-Film etablierte sich dabei rasch als äußerst erfolgreiche Firma, insgesamt 50 Streifen entstanden in den Jahren 1939 bis 1945 - darunter Filme wie „Wien 1910“ oder „Heimkehr“. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde allerdings laut Filmarchiv gerne vergessen, dass Wien-Film eine von den Nazis ins Leben gerufene Institution war, mit der Enteignungen und die Vertreibung jüdischer Filmschaffender einher gegangen sind.

Propagandafilm

Filmarchiv Austria

Szene aus „Hitlerjunge Quex“ von Hans Steinhoff

Historische Einführung zu allen Filmen

Zu sehen sind bei der Retrospektive im Filmarchiv, die noch bis Ende November läuft, Filme wie „Ohm Krüger“ von Hans Steinhoff aus dem Jahr 1941, eine der aufwändigsten nationalsozialistischen Produktionen, der das Nazi-Prädikat „Film der Nation“ verliehen wurde. Auf dem Programm stehen aber auch klar antisemitische Filme wie „Jud Süß“ von Veit Harlan aus dem Jahr 1940. Jeder Film wird von einer Einführung sowie Diskussionen und einem Wochenschau-Vorprogramm begleitet, deshalb ist bei allen Veranstaltungen auch kein verspäteter Einlass möglich.

„Dass die rassistischen, volksverhetzenden und kriegsverherrlichenden Machwerke nur unter ‚Vorbehalt‘ zu sehen sind, scheint verständlich, insbesondere in einer Zeit, in der der Rechtsradikalismus wieder buchstäblich durch die Straßen marschiert“, heißt es im Begleittext des Filmarchivs. Dennoch wolle man die Diskussion um NS-Propaganda, die auch durch die Wieder-Veröffentlichung von Adolf Hitlers „Mein Kampf“ neu entfacht wurde, mitführen - mehr dazu in „Mein Kampf“ nur teilweise im Regal.

Die Retrospektive ist deshalb an eine interdisziplinäre Vorlesung gekoppelt und wird u.a. von einer Podiumsdiskussion begleitet. Dort werden Fragen nach dem Umgang mit NS-Propagandamaterial - auch im Zusammenhang mit politischer Bildung - diskutiert. Die Reihe wird im Frühjahr 2017 fortgesetzt.

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