Freispruch im Zweifel für Ex-Polizisten

Der Prozess um einen wegen Vergewaltigung seiner Ex-Freundin angeklagten ehemaligen Wiener Polizisten hat mit einem Freispruch im Zweifel geendet. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Vorsitzende des Schöffensenats zählte „eine Menge Zweifel“ auf, die aufgetreten seien, vor allem durch das Verhalten des Angeklagten und der Frau vor und nach der angeklagten Tat. Obwohl das Opfer über eine gewaltbetonte Beziehung sprach, sei der Kontakt trotz des Beziehungsendes zu dem 48-Jährigen aufrechterhalten geblieben.

Hätte die Frau vor dem Ex-Lebensgefährten Angst gehabt, hätte sie ihm bei dem Streit im griechischen Restaurant kein Bier über den Kopf geschüttet und im Zuge der Trennung bei seinen Autos keine Fahrzeugsperre platziert, wie im Verfahren erörtert wurde. In der Nacht auf den 22. Mai 2012, als es zu den Übergriffen gekommen sein soll, habe die Frau auch nicht um Hilfe gerufen bzw. die Polizei geholt - mehr dazu in Ex-Polizist wegen Vergewaltigung vor Gericht.

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Der Angeklagte wurde im Zweifel freigesprochen

Frau hätte laut Richterin fliehen können

Der Mann sei einmal duschen gegangen und habe sich beim Gang aufs WC eingesperrt, sodass die Frau Gelegenheit gehabt hätte, zu fliehen oder sich im Schlafzimmer einzusperren, meinte die Vorsitzende. Auch nach der inkriminierten Tat habe der Mann selbstständig eine Polizeiinspektion aufgesucht und habe sich vom Vorwurf überrascht gezeigt, sagte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.

Der ehemalige WEGA-Beamte, der einst wegen der Misshandlung von Bakary Jassey vor Gericht gestanden und nach seiner Entlassung aus dem Polizeidienst als Trainer für Selbstverteidigungskurse für Frauen tätig war, wies von Anfang an jede Schuld von sich. Seine Anwältin sprach davon, dass er vom Opfer angeschwärzt worden sei.

Auch Ex-Frau spricht von Gewalttätigkeiten

Sie und die Ex-Frauen bzw. -Freundinnen hätten „Hexentreffen“ veranstaltet, danach sei es zu den Vergewaltigungsvorwürfen gekommen, sagte seine Verteidigerin. Geladen waren die drei Ex-Partnerinnen, die mit dem späteren Opfer in Kontakt waren. Zwei von ihnen entschlugen sich der Aussage.

Die 48-jährige Ex-Frau des Angeklagten wollte jedoch aussagen und berichtete davon, dass sie im Jänner 2012 von der neuen Freundin ihres Ex-Mannes per Mail angeschrieben wurde. Mit der Betreffzeile „Frei“ bat sie ihre Vorgängerin um Hilfe. Die damalige Freundin des Ex-Polizisten erzählte von Übergriffen. „Es war dieselbe Vorgangsweise, wie es bei mir war“, sagte die 48-Jährige.

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Ex-Freundin berichtete vor Gericht von körperlichen und verbalen Übergriffen

Schupfen, Stoßen und verbale Demütigungen

„Es war klar, dass das wieder passiert“, meinte die mittlerweile Geschiedene. „In unserer Beziehung ist es ebenfalls zu Gewalttätigkeiten gekommen“, ihr damaliger Mann sei auch weggewiesen worden. „Es gab die Gewaltsituation, dann war alles gut, dann wieder Gewalt, dann war wieder alles gut.“ Die 48-Jährige habe sich daraufhin mit der neuen Partnerin ihres Ex-Mannes getroffen, wobei die junge Frau ihr Leid geklagt habe. Sie erzählte von Schupfen, Stoßen und verbalen Demütigungen.

Zu Trennung geraten

„Ich hab ihr zur Trennung geraten“, sagte sie, weil sie aus eigener Erfahrung gewusst habe, dass sich der Mann nicht ändern würde. Im Zuge der Treffen der beiden Frauen kam es auch zu einer Zusammenkunft mit einer weiteren Ex-Partnerin. „Auch ich habe mir damals bei der Scheidung Hilfe von meiner Vorgängerin geholt. Das war wie eine kleine Selbsthilfegruppe“, meinte die 48-Jährige, deren Aussage zum Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Im Zuge dessen habe die 48-Jährige der Frau ihre Unterstützung angeboten und gesagt, „wenn sie Hilfe braucht, dann kann sie kommen“.

Als es am 22. Mai 2012 zu den nun angeklagten Übergriffen kam, habe das Opfer eine Notfall-SMS an die Ex-Frau mit den Worten „Ruf die Polizei zu mir“ an die 48-Jährige geschickt. „Ich habe die SMS erst in der Früh gelesen, sonst hätte ich sofort die Polizei geholt“, sagte sie im Zeugenstand. „Ich habe sie gleich angerufen. Sie hat geweint und mir erzählt, was passiert ist.“ Nach einem heftigen Streit in einem griechischen Restaurant fuhr der Mann für ein klärendes Gespräch in die Wohnung der Frau.

Verletzungsbild kann zu Tathandlung passen

Vorangegangen waren mehrere SMS der Frau, die dem ehemaligen Polizisten unter anderem schrieb, dieser möge sie „bestrafen, was das Zeug hält“. In der Wohnung soll er die junge Frau sofort aufs Bett gedrängt und sich an ihr vergangen haben, obwohl sie durch verbale Äußerungen und Tritte gegen den Mann deutlich zu verstehen gegeben habe, dass sie das nicht wollte. Daraufhin nahm er laut Staatsanwaltschaft die Frau in den Würgegriff und meinte: „Soll ich dir jetzt nicht einfach das Licht auslöschen?“

Die Frau erlitt Blutergüsse am Unterarm, am Knie und am Innenschenkel. Am Kehlkopf war eine Rötung zu sehen, wie die Gerichtsmedizinerin ausführte. Das Verletzungsbild könne in Übereinstimmung mit der angegebenen Tathandlung stehen. Allerdings berief sich das Gutachten der Gerichtsmedizinerin auf die Aufzeichnungen, die im Spital gemacht wurden, und auf das Schmerztagebuch, das das Opfer führte.

Medizinerin begutachtete einst auch Jassey

Von der Anwältin darauf angesprochen, ob sie sich befangen fühle, weil sie auch im Fall von Bakary Jassey die gerichtssachverständliche Expertise erstellte, meinte die Medizinerin: „Ich kann mich an die Angeklagten gar nicht erinnern. Ich war damals ja nur kurz im Saal.“ Der gebürtige Gambier Jassey war im April 2006 nach einem gescheiterten Abschiebeversuch von WEGA-Polizisten in eine Wiener Lagerhalle gebracht und dort schwer misshandelt worden - mehr dazu in Bakary Jassey: Chance auf mehr Schadenersatz.