Berlin-Anschlag: Gemischte Gefühle am Karlsplatz

Die Polizei verstärkt nach dem Anschlag in Berlin ihr Aufkommen an Wiener Adventmärkten. Am Karlsplatz hoffen die Menschen auf Reaktionen von Seiten der Politik, auch wenn sich die Angst größtenteils in Grenzen hält.

Trotz Schneeregen ist der Adventmarkt am Karlsplatz bereits am Nachmittag gut besucht. Eine Polizistin und ihr Kollege beobachten die bummelnden Passanten. Auf die Frage, ob das Polizeiaufkommen verstärkt worden ist, antworten sie: „Ja, deshalb sind wir da.“

Es ist Tag eins nach dem Terroranschlag auf einen Adventmarkt in Berlin. Ein Lastwagen wurde in eine Menschenmenge manövriert. 12 Personen starben, über 40 sind schwer verletzt worden. Die Polizei hat bereits reagiert, obwohl es keine Hinweise auf geplante Attentate in Österreich gibt. „Die polizeiliche Präsenz an neuralgischen Punkten wie etwa Weihnachtsmärkten ist erhöht worden“, sagte Polizeisprecher Patrick Maierhofer - mehr dazu unter Mehr Polizei auf Christkindlmärkten.

Karlsplatz Adventmarkt

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Die Zelte waren bei niedrigen Temperaturen gut gefüllt

„Fahre in der Nacht nicht mehr mit U-Bahn“

Die Besucher trinken Punsch und Glühwein, kaufen Schmuck und Lebkuchen. Sie scheinen sich sicher zu fühlen. Eine Gruppe von aufgeweckten Kindern zieht kichernd vorüber. Auf ihren Hauben liegt eine dünne Schneeschicht. Aber die ist genauso oberflächlich, wie der erste Eindruck vom Stimmungsbild.

Zwei Damen stehen neben einem Maronistand. Eine der Frauen hat ein Baby um den Bauch geschnallt. Sie beißt in ein Stück Bratkartoffel und meint: „Mein Sicherheitsgefühl hat sich nicht durch Nizza oder Berlin geändert, sondern nach 9/11.“ Ihre Freundin pflichtet ihr bei und sagt: „Ich fahr in der Nacht nicht mehr mit der U-Bahn. Ich habe Angst.“ „Versteh ich, das würde ich auch nicht machen“, antwortet die Dame mit Baby.

Der Art-Adventmarkt am Karlsplatz ist bekannt für seine Kunsthandwerk-Stände. Ein Verkäufer von bunten Holz-Schnitzereien hat keine Angst vor einem Drama wie in Berlin. „Was soll uns hier passieren? Ich kenn den Platz. Hier kommt man nur schwer rein.“ Die meisten anderen Stand-Betreiber wollen sich zu der Thematik nicht näher äußern. So geht es auch dem Großteil der Besucher. „Mir liegt vieles auf der Zunge. Aber das sag ich lieber nicht“, meint eine ältere Dame und wendet sich mit gequältem Lachen ab.

Karlsplatz Adventmarkt

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Die winterliche Idylle am Karlsplatz ist trügerisch

Mit Hofer und Russland gegen Terror

Ein Punschtrinker sieht das Problem sowieso woanders. Er hält den designierten Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen in Zeiten wie diesen für die falsche Wahl: „Bundespräsidenten abwählen und den Hofer nehmen, das wär ein Anfang.“ Er sei sich allerdings nicht sicher, ob es nicht auch unter einem Bundespräsidenten Norbert Hofer zu Anschlägen kommen könnte. „Ich gehe sowieso nicht unbewaffnet außer Haus“, sagt er im Scherz.

Ein Herr, nach eigenen Angaben weit über 70 Jahre alt, zeigt sich bestürzt: „Mein Sicherheitsgefühl hat sich nach gestern verändert. Ich bin noch vorsichtiger. Es kann mich überall treffen: Am Christkindl-Markt, im Supermarkt, im Einkaufszentrum.“ Er hat einen konkreten Vorschlag, wie man das Problem lösen könnte. „Man sollte Russland hinzuhiehen und zugeben: Wir brauchen euch, bereiten wir dem Terror gemeinsam ein Ende.“ In einem Punkt sind sich sämtliche Interviewpartner sicher: Hunderprozentige Sicherheit gibt es nicht.

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