Staatsoper: Großes Fernsehen per Stream

Für den designierten Direktor der Staatsoper Bogdan Roscic werden Livestreams eine große Rolle spielen. Schon jetzt überträgt das Haus 45 Vorstellungen pro Jahr online - willkommener Anlass für Abonnenten zu privaten Opern-Partys.

„Heute Livestream“ heißt es an 45 Abenden pro Jahr in der Wiener Staatsoper. Schon Stunden vor der Vorstellung bereiten sich sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem eigenen Regieraum auf die weltweite Übertragung vor. Sie richten etwa die acht HD-Kameras ein, die im Saal auf die Bühne und das Orchester gerichtet sind. Auch die Mikrofone im Orchestergraben werden aktiviert. Letzte Details und Abläufe werden besprochen.

Operngenuss für daheim

45 Vorstellungen aus der Wiener Oper werden pro Jahr im Internet ausgestrahlt. Wer dafür bezahlt, kann sich die Stücke zuhause anschauen.

Interviews und Bilder zum Einstimmen

Eine halbe Stunde vor der Vorstellung startet der Livestream. Die Zuschauerinnen und Zuschauern können diesen zuhause auf einem - mit dem Internet verbundenen - Fernseher oder Videobeamer, dem Tablet oder Smartphone empfangen. Den Beginn der Übertragung machen Stimmungsbilder aus der Staatsoper, eine Werkeinführung, Interviews mit den mitwirkenden Künstlern und Eindrücken von der Hinterbühne.

Die Live-Vorstellung als Opernfilm

Mit Vorstellungsbeginn herrscht im Regieraum höchste Konzentration. Die Fernsehzuschauer können zwischen zwei Kanälen wechseln. Der eine Kanal zeigt die Bühne als Gesamtsicht, wie man sie auch in der Oper von guten Plätzen aus sehen würde. Der zweite Kanal zeigt eine Art Opernfilm von der Vorstellung, der im Regieraum live geschnitten wird.

Nächste Livestreams:

Damit das funktioniert, bedarf es einer großen Vorbereitung. „Wir arbeiten mit sorgfältigen gescripteten Partituren. Das heißt, es sind 500 bis 1.000 Schnitte in der Partitur eingetragen“, erklärt Christopher Widauer, der für Digital Development an der Wiener Staatsoper zuständig ist. „Sonst ist es unmöglich, ein so komplexes Geschehen, wie es eine Oper ist, ins Fernsehen zu bringen.“ Auch der Ton wird an das Bild angepasst.

Dirigieren und Singen vor dem Fernseher

Die Untertitelung wird in einem eigenen Studio in der Staatsoper gemacht. Die Zuschauer zuhause können zwischen mehreren Sprachen wählen und die Untertitel synchronisiert auf einem „Second Screen“, also etwa auf dem Smartphone oder Tablet, verfolgen. Auch ein kostenloses Programmheft wird angeboten. Bei ausgewählten Vorstellungen können die Opernfans sogar die Partitur mitlesen.

„Wir schicken nicht irgendwelche Partituren, sondern historische aus unserem Archiv, zum Beispiel von Richard Strauss, der handschriftliche Eintragungen in seinen eigenen Opern gemacht hat“, so Widauer. Dadurch sollen Zuschauer zuhause die Möglichkeit gegeben werden, bei den Opernstücken mitsingen oder sogar mitdirigieren zu können.

Opernparty

ORF

In Wien finden laut Staatsoper regelmäßig private Opern-Partys statt

Mehr Publikum durch Digitalisierung

In der Pause gibt es Bilder aus der Oper und ihren Pausenfoyers zu sehen, Eindrücke von der Arbeit hinter den Kulissen und Kameraschwenks vom Dach des Hauses - aufwändig produziert von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Staatsoper. Der hohe Aufwand soll sich langfristig für das Haus rechnen. Man will mehr Publikum gewinnen und dadurch auch mehr Einnahmen.

Seit dem Start vor drei Jahren registrierten sich 20.000 Menschen für das Live-Streaming-Programm. 6.000 nützen es seither regelmäßig, rund 1.100 Personen haben ein Abo. Nur ein Drittel der Zuschauer kommt aus dem deutschsprachigen Raum. Daher können die Vorstellungen nicht nur live, sondern auch 72 Stunden nachgesehen werden. Die Zuschauer zuhause bezahlen für eine Übertragung 14 Euro, im Abo ist es günstiger.

Das Wohnzimmer als private Loge

Neben eigenen Schulaufführungen in Österreichs Klassenzimmern gibt es laut Staatsoper weltweit aber vor allem in Wien auch so genannte Opern-Partys. Dabei laden Familien und Opernfans privat Freunde zum gemeinsamen Staatsopern-Fernsehschauen ein - meist in legerer Kleidung, mit bequemen Sitzen mit großer Beinfreiheit, einem Abendessen und Getränken. Damit es künftig noch mehr private Opern-Partys in Wien gibt, möchte die Staatsoper ihre Livestream-Abonnenten künftig noch besser miteinander vernetzen.

Florian Kobler, wien.ORF.at

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