„Spannendster Filmstart“ für Hader

Josef Hader ist für den Film „Wilde Maus“ nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera gestanden. Als Drehbuchautor, Schauspieler und Regisseur kamen viele neue Aufgaben auf ihn zu. Die Dreharbeiten führte er „wie in einer Band“.

Als der fünfzigjährige Georg seinen Job als Musikkritiker bei einer Wiener Zeitung verliert, verheimlicht er das seiner jüngeren Frau Johanna, die ein Kind von ihm will. Er startet nächtliche Rachefeldzüge gegen seinen ehemaligen Chef, die als kleine Sachbeschädigungen beginnen, sich dann aber zu größeren Anschlägen steigern.

„Wilde Maus“ ist der erste Film, bei dem Josef Hader Regie führte und das Drehbuch schrieb. In den Wiener Kinos ist „Wilde Maus“ dann ab 17. Februar zu sehen. „Wien heute“-Redakteur Peter Unger hat sich mit Hader getroffen, um über den Film zu sprechen.

Wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie einmal gesagt, Sie machen gern Werbung für ihre Filme, aber nur für die guten. Gilt das für den Film auch?

Es ist sehr schwer zu sagen, ob der eigene Film gut ist. Ich find ihn gut, aber das klingt so komisch. Ich hab mir als Ziel gesetzt bei dem Film, dass ich wieder einen machen darf. Das heißt, er sollte die Qualität haben, dass man sagt, ja, das hat einen Sinn, dass ich Regie führ. Und es deutet darauf hin, dass das gelungen ist.

Hader

ORF

Sie haben relativ lange gewartet, bis Sie zum ersten Mal Regie führen. War das notwendig, um auch die Erfahrung zu sammeln? Weil Sie sind ja schon auch lange dabei jetzt im Filmgeschäft?

Ich hab nicht darauf gewartet, es ist nur plötzlich der Wunsch dringender geworden, dass ich einmal schaue, was passiert, wenn ich selbst als Letzter die Entscheidungen treffe. Lust gemacht haben mir die anderen Regisseure, mit denen ich gearbeitet habe. Aber nicht dadurch, dass ich die so schlecht gefunden hätte, sondern dadurch, dass mich Wolfgang Murnberger bei den Brenner-Verfilmungen immer stärker miteinbezogen hat in die Regiearbeit.

Wie war jetzt die Arbeit am Set in Personalunion Hauptdarsteller und Regisseur? Das muss ja ein irrsinniger Stress sein: Einerseits die Entscheidungen treffen und andererseits gut spielen.

Es war ein Stress, aber es war ein guter Stress. Es war kein Stress, der mich total überfordert hätte, sondern einer, der mir von Tag zu Tag mehr getaugt hat. Der Grund dafür ist, dass man als Regisseur so ein bisschen die Stimmung vorgeben kann am Set. Und ich hab es gern, wenn es entspannt ist, freundlich und konzentriert. Und wenn der Regisseur so ist, sind alle anderen auch so.

Die Hauptschwierigkeit, die ich mir gedacht hab, ist, dass die Schauspieler gleichzeitig Kollegen sind. Und gleichzeitig ist man ein bisschen so der Chef von ihnen. Ich hab das so gelöst wie in einer Band. Dass man miteinander spielt, und in einer Band gibt es ja auch immer einen, der vielleicht ein bisschen stärker sagt, in welche Richtung man etwas probieren kann.

Das heißt, beim Drehbuch schreiben haben Sie nicht jedes einzige Bild schon fix und fertig im Kopf, sondern das ergibt sich dann auch am Set?

Ich hab durch langes Schreiben, weil ich, glaube ich, schon zehn Fassungen geschrieben habe, sehr viele Bilder im Kopf. Aber ich bin offen für einen Plan B. Und man kann sich nie genau vorstellen, wie dann wirklich ein Filmset ist, wie der Schauplatz ist, wo gedreht wird, und es gibt immer Dinge, die sich dann dadurch verändern. In der Schneeszene hab ich mir im Drehbuch so zehn, zwanzig Zentimeter vorgestellt. Im Film war er dann bis über die Knie. Das hat für das Drehbuch bedeutet, dass man sehr viel ändern muss.

Wann hat es zuletzt so viel geschneit?

Wir haben gewartet für einen richtig schönen Schneefall nach den Schneearbeiten, um die Schneeszene noch zu drehen. Es hat drei Tage gegeben am Ötscher, wo es den Schnee wirklich runtergehaut hat. Die haben wir erwischt.

Hader

ORF

Hader hat bei „Wilde Maus“ erstmals auch Regie geführt

Kommen wir kurz zum Inhalt. Der Hauptdarsteller Georg verliert seinen Job - er ist ein angesehener Musikkritiker bei einer Wiener Zeitung -, weil er zu teuer geworden ist. Ist das eine Kritik an der Branche? Oder an der Entwicklung der Branche?

Nein, das ist jetzt keine Kritik an der Entwicklung vom Printjournalismus, die traurig ist, aber es ist kein Film darüber. Es geht eher um Arbeitslosigkeit. Und zwar um Arbeitslosigkeit im Mittelstandsmilieu. Und da bietet sich dann der Printjournalismus an, weil die Printjournalisten so ein bisschen die Gefährdetsten sind im Mittelstand.

Er versucht dann auch nie einen anderen Job zu finden. Ist das eine Ego-Geschichte? Er ist gekränkt und ärgert sich.

Ein Journalist, der arbeitslos wird, das ist kein lustiges Schicksal, das ist mir schon klar. Aber man hat gewisse Möglichkeiten. Man kann frei schreiben und ein bisschen ein Geld dadurch verdienen. Man kann zum Beispiel ein Buch schreiben. Man ist meistens so vernetzt, dass man jemanden kennt, der wieder den kennt. Man steht nicht total im Nichts, als Journalist.

Wenn aber jemand wie meine Figur, der Georg, so tut, als wäre alles aus jetzt, nur weil er jetzt seinen Beruf verloren hat, dann ist das auch in gewisser Weise komisch. Weil er verhält sich wirklich wie ein Stahlarbeiter, der vor dem Nichts steht, oder wie einer, wo das Bergwerk geschlossen worden ist. In Wirklichkeit könnte er alles Mögliche angehen, aber er tut es nicht, weil er so gekränkt ist und der Egoverlust so stark ist. Und er wird dadurch in gewisser Weise zu einem Wutbürger mit einem relativ kleinen, terroristischen Potenzial.

Und dann kommt noch der unerfüllte Kinderwunsch. Das ist auch recht häufig. Haben Sie das auch unbewusst reingenommen in die Geschichte?

In der ersten Drehbuchfassung war es so, dass ich mir gedacht habe, wenn jemand arbeitslos wird, ist es super, wenn er auch noch ein kleines Kind hat, weil das macht die Situation noch viel drastischer und schwieriger.

Ich hab die ersten zwei Fassungen geschrieben mit einem kleinen Kind, aber dann bin ich draufgekommen, dass das sehr traurig ist und gleichzeitig sehr schwer zu drehen, für jemanden, der zum ersten Mal Regie macht. Und so bin ich auf den Kinderwunsch gekommen. Weil ein Kinderwunsch ist leichter zu drehen und komischer.

Im 17. Februar kommt der Film in die Kinos. Haben sie ein anderes Gefühl, als zuvor, wenn sie nur Schauspieler sind, oder welche Erwartung hat man da?

Es ist bei dem Film natürlich schon so, wenn man selber allein das Drehbuch geschrieben hat und wenn man Regie geführt hat, dass der halt sehr mit der eigenen Person verbunden ist. Andererseits ist es aber so, wenn ein Kabarettist bei einem Film, so wie bei den Brenner-Filmen, schauspielt und am Drehbuch mitschreibt, wird er auch stark damit identifiziert. Das heißt, die Situation ist für mich jetzt nicht so neu.

Was gibt’s für Pläne für 2017? Für Sie ist die Arbeit am Film jetzt ja beendet.

Ich werde bis Mitte März noch Werbung machen für die „Wilde Maus“. Und dann hab ich eine sehr ruhige Zeit, mit ein bisschen Kabarett. Und ansonsten werde ich einfach mich mit einem Schreibbuch hinsetzen und Ideen hineinschreiben und schauen, was mir einfällt.

Für einen neuen Film?

Für einen neuen Film oder ein neues Programm. Je nachdem, wo mir mehr einfällt.