Wartehäuschen unter Denkmalschutz
Unter Denkmalschutz steht in Wien nicht nur die architektonische Pracht der Donaumonarchie. Auch einige graue Gemeindebaublöcke aus den 60ern, Brücken und Flussmündungen dürfen nicht ohne Weiteres verändert werden. Was nur Experten bekannt ist: Viele Wartehäuschen der Wiener Linien sind ebenfalls denkmalgeschützt.
Seltene Kurven am Schubertring
Das Wartehäuschen am Schubertring hat zwischen den horizontalen Stäben eine Glasfassade. Der Stahlbetonbau ist 1954 errichtet worden. Das Gerüst rostet an einigen Stellen. Will es der Eigentümer abreißen, warum auch immer, muss er sich an die Wiener Abteilung des Bundesdenkmalamts wenden. Der potenzielle Denkmalzerstörer müsste dort einen Veränderungsantrag einbringen und auf eine Bestätigung hoffen.
„Das Objekt stand wegen seiner Seltenheit von Anfang an unter Denkmalschutz“, erklärt Wolfang Salcher vom Bundesdenkmalamt. Über die Baugeschichte des Wartehäuschens am Schubertring sei nicht allzu viel bekannt. Es weise die für die 1950er typischen Kurven auf, mitsamt einer Pilzsäule, meint Salcher und konstatiert: „Aus dieser Zeit gibt es nur noch ganz wenige Wartehäuschen.“
ORF
Das Wartehäuschen am Schubertring erfreut sich erlesener Gesellschaft. Dabei hebt Salcher vor allem die Schottentorpassage hervor, die 1961 fertiggestellt worden ist. Sie wurde mittlerweile mit moderner Architektur gekreuzt, wie Salcher beschreibt: „2016 wurden dort die sechs gläsernen Treppenabgangseinhausungen vorbildlich instandgesetzt.“ Die „Aufprallanforderungen“ der Glashäuschen seien mittlerweile erhöht worden, weil „einmal ein Porsche reingeknallt ist“.
„Objektives Prüfverfahren“ beim Denkmalschutz
Eine Besonderheit ist laut Salcher das Wartehaus bei der U4-Station Hietzing. Bauherr Otto Wagner ließ es 1899 ausschließlich für den kaiserlichen Hof errichten. Es ist in Form des Jugendstils konzipiert und diente einst als Hofpavillon. Die denkmalgeschützte Imbissstube am Kahlenberg hat mit einem Hofpavillon eher wenig zu schaffen. Fakt ist: Auch sie war dereinst ein Wartehäuschen.
Bundesdenkmalamt
„Denkmalgeschützt“ bedeutet im Übrigen nicht, dass ein Gebäude vor Veränderungen gefeit ist. Das Bundesdenkmalamt versucht Veränderungsanträge rational zu bewerten: „Wir wollen die Sachen nicht nur erhalten, es muss auch alles benutzbar und bewohnbar bleiben“, stellt Salcher klar. Die Gründe, die gegen und für die Erhaltung eines Objekts sprechen, müssten sorgfältig abgewogen werden: „Wir haben ein ganz normales, objektives Prüfverfahren.“
Beschwerde gegen „Holzhütte“ abgewiesen
Besonderen Denkmalschutz scheinen steirische Wartehäuschen zu genießen. Ein Objekt aus dem Jahr 1919 hätte 2009 wegen einer Gleisverlegung entfernt werden sollen. Die Beschwerdeführerin bezeichnete es als „Holzhütte“, die „mitten im Weg herumsteht“ und die Bauarbeiten behindere. Das Bundesdenkmalamt widersprach und identifizierte das Bauwerk als „geschichtlich, künstlerisch und kulturell bedeutendes Denkmal“. Das Amt bekam Recht und im Steirerhäuschen kann weiterhin gewartet werden.
Links:
- Einblick in Wiens Denkmäler (wien.ORF.at; 25.09.2016)
- Werbung entscheidet über „Öffi“-Wartehäuschen (wien.ORF.at; 25.01.2016)
- RIS - Klage gegen steirisches Wartehäuschen
- Bundesdenkmalamt Wien
- Verzeichnis denkmalgeschützter Gebäude in Wien