Junge Menschen mit Behinderung im Altersheim

In Österreich gibt es zu wenige Betreuungsplätze für junge Menschen mit Behinderung. Deshalb werden sie oft in Altersheimen zur Pflege untergebracht. Die Volksanwaltschaft fordert mehr Angebote für betreutes Wohnen.

In Wien wohnt etwa eine 26-jährige junge Frau mit Behinderung mit einer 103-jährigen Schlaganfallpatienten in einem Zimmer. Betreuungsplatz für die junge Frau gibt es im Bezirk keinen. Die Volksanwaltschaft überprüft - regelmäßig und unangekündigt - Altersheime und stößt dabei immer wieder auf solche Fälle.

Angemessene Betreuung nicht möglich

Eine angemessene Betreuung für junge Menschen mit Behinderung sei dort nicht möglich, sagt Volksanwalt Günther Kräuter im Ö1-Morgenjournal: „Sobald wir mit unseren Expertenkommissionen in Alten- und Pflegeheimen junge Menschen antreffen, versuchen wir natürlich sofort eine Lösung zu initiieren, was auch meistens gelingt. Allerdings ist auch die Datenlage problematisch. Hier gibt es leider kaum verlässliche Statistiken in Österreich.“

Fünf Prozent der Bewohner von Altersheimen sind nach Schätzungen der Volksanwaltschaft unter 60 Jahre alt. Aus Wien liegen Daten aus dem Jahr 2014 vor, damals waren 300 Personen in Altersheimen junge Menschen mit Behinderung. Es wurde ein Projekt gestartet und alle Betroffenen gefragt, ob sie in andere Wohneinheiten wechseln wollen. 64 wollten weg aus dem Altersheim.

Sachwaltschaft oft zu früh

Doch erst jetzt gibt es für alle das entsprechende Angebot, sagt die Bereichsleiterin „Betreutes Wohnen“ beim Fonds Soziales Wien (FSW), Anita Bauer: „Es werden 48 Plätze noch geschaffen in den nächsten ein bis zwei Jahren.“ Wichtig sei die selbstbestimmte und freie Entscheidungsmöglichkeit, so Bauer: „Ich glaube, dass wir ein gutes, adäquates Angebot in der Behindertenhilfe haben. Zur Selbstbestimmung eines Menschen gehört aber auch, dass man sagt, dass man das haben will. Natürlich, unser ‚Case-Management‘ berät, fragt nach, klärt ab und empfiehlt. Schlussendlich muss man die Willensbekundung eines Menschen akzeptieren.“

Selbstbestimmung ist für Menschen mit Behinderung in Österreich aber vielfach gar nicht möglich. Das liegt daran, dass Betroffene zu häufig und zu früh „besachwaltet“ werden. Das heißt, sie können nicht selbst entscheiden, wie sie leben wollen. Volksanwalt Kräuter gibt ein Beispiel: „Das ist ja auch ein Problem eines Projekts in Wien. Sehr oft hat dort ein Sachwalter die entsprechende Stellungnahme abgegeben. Das ist nicht Inklusion oder Selbstbestimmung wie wir uns das vorstellen.“

Ausbau der persönlichen Assistenz gefordert

Für mehr Selbstbestimmung fordert die Volksanwaltschaft den Ausbau der persönlichen Assistenz, also, dass Menschen mit Behinderung von Menschen ohne Behinderung unterstützt werden. „Das ist wirklich ein Missstand in Österreich, denn es kann nicht davon abhängen, wo jemand wohnhaft ist, ob eine entsprechende Betreuung sichergestellt ist. Es kann nicht sein, dass einzelne Länder hier großzügiger Angebote machen und andere Länder hier das nicht so ernst nehmen.“ Deshalb müsse die persönliche Assistenz in ganz Österreich einheitlich geregelt werden.

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