Filmpreis-Triumph für „Thank You For Bombing“

Barbara Eders „Thank You For Bombing“ ist der Sieger des Österreichischen Filmpreises: Das Kriegsreporterdrama konnte im Rathaus vier von acht Nominierungen in Preise ummünzen. Die Gala verlief routiniert und mit viel Humor.

Eder, in Personalunion Regisseurin und Drehbuchautorin des vom ORF kofinanzierten Films „Thank You For Bombing“, erinnerte sich am Mittwochabend in ihrer Dankesrede an die schwierige Arbeit in Afghanistan und Jordanien: „Wenn du in diesen Ländern drehst, bringt jeder Tag eine Überraschung - und nicht immer vom Feinsten.“ Ihren Humor hat sich die 1976 geborene Filmemacherin aber bewahrt: „Ich bin nur 1,60 Meter und kann trotzdem Regie führen.“

Regiesseurin Barbara Eder

APA/Georg Hochmuth

Barbara Eder freut sich über den Vierfachjackpot für ihren Film

Gegenüber ORF.at verlieh Eder noch einmal ihrer Freude Ausdruck: „Es ist ein besonders schöner Preis, weil er von Filmschaffenden kommt - die viel kritischer sind als andere.“ In dem Film spielt Erwin Steinhauer einen Kriegsreporter, der in Afghanistan für den ORF über den Krieg gegen die Taliban berichtet. Eder bedankte sich bei jenen Kriegsreportern, die sie ein Jahr lang als Vorbereitung für den Film begleiten durfte.

Simonischek als bester Hauptdarsteller

Bei den Darstellerkategorien triumphierten Schauspieler anderer Filme: Bei den Männern konnten sich mit Peter Simonischek („Toni Erdmann“) und Branko Samarovski („Nebel im August“) zwei renommierte Schauspieler durchsetzen, die seit Jahrzehnten im Filmgeschäft präsent sind. „Nichts ist schöner und schwieriger, als zu Hause anerkannt zu werden“, zeigte sich der 70-jährige Simonischek ungeachtet dessen von der Ehrung gerührt.

Peter Simonischek und Ursula Strauss

ORF.at/Simon Hadler

Preisträger Simonischek unterhält Akademie-Präsidentin Ursula Strauss

Gegenüber ORF.at sagte Simonischek, dass er den Preis zwar auch Josef Hader von Herzen gegönnt hätte, aber dennoch verärgert gewesen wäre, wenn er nicht gewonnen hätte: „Ich habe gedacht, dass vielleicht ‚österreichischer‘ entschieden wird.“ „Toni Erdmann“ ist eine österreichisch-deutsche Koproduktion. Was die Oscar-Verleihung betrifft, werde er gelassen bleiben, „bis fünf Minuten bevor das Kuvert geöffnet wird“.

Nachwuchstalent Valerie Pachner ausgezeichnet

Bei den Frauen triumphierte hingegen auch eine Nachwuchskraft. So wurde für ihre Rolle der Wally Neuzil im Biopic „Egon Schiele: Tod und Mädchen“ die 29-jährige Valerie Pachner als beste Schauspielerin geehrt. In der Sparte der Nebendarstellerinnen entschied Marion Mitterhammer mit ihrer Leistung im Science-Fiction-Thriller „Stille Reserven“ das Rennen für sich.

Schauspielerin Valerie Pachner

APA/Georg Hochmuth

Beste Hauptdarstellerin wurde Valerie Pachner

Mit zwei weiteren Trophäen im Bereich Kamera (Martin Gschlacht) und Szenenbild (Johannes Salat) konnte sich „Stille Reserven“ mit insgesamt drei Auszeichnungen auch an die zweite Stelle des Gewinnerfeldes schieben. Mit zwei Auszeichnungen (für Tongestaltung und Kostümbild) errang die Nöstlinger-Verfilmung „Maikäfer flieg“ den Stockerlplatz.

Hochpolitische Festrede von Istvan Szabo

Die hochpolitische Festrede hielt der ungarische Oscar-Regisseur Istvan Szabo („Mephisto“), der an das gemeinsame Erbe der österreichisch-ungarischen Monarchie als Vorbild der EU erinnerte. Dieses Erbe habe in Form von Auswanderern auch zahlreiche Mitbegründer des späteren Hollywood hervorgebracht, den frühen Geschichtenerzählungen der Traumfabrik den „human touch“ gegeben. Im europäischen Kino sei hingegen das Wissen um die menschliche Berührung verloren gegangen.

„Heute gibt es kein europäisches Gesicht, wegen dem die Zuschauer ins Kino gehen würden“, bedauerte Szabo: „Weshalb hat die Welt heute kein Interesse an Europas Gesicht?“ Bezogen auf das junge ungarische Kino könne er jedenfalls sagen, dass in den meisten Fällen jedem gesellschaftlichen, sozialen oder politischen Problem bewusst ausgewichen werde: „Die nichtssagende technische Perfektion ist aber keine Identität.“ Hinzu komme die zunehmend schwierige Finanzierung in Zeiten illegaler Downloads.

„Das Internet schreitet siegreich voran - aber lasst uns noch ein wenig richtige Kinofilme machen“, rief Szabo die Anwesenden unter stehenden Ovationen auf.

Relaunch für Filmpreis-Gala

Die Gala selbst war heuer einem Relaunch unterzogen worden. So setzten die Verantwortlichen beim Bühnendesign im Festsaal des Wiener Rathaus auf ein neues Outfit: Im Gegensatz zur kargeren Gestaltung der Jahre davor hatte man heuer ein Clubambiente im Stile der 20er Jahre für die Preisträger aufgebaut. Darin lieferte sich Gastgeberin Pia Hierzegger mit „Bardame“ Beatrix Brunschko eine bissig-charmante Doppelconference. Besonders über das Vorhandensein der Bar freute sich Hierzegger: „Die hat sich der Bürgermeister extra einbauen lassen, damit er nicht jedes Mal, wenn er etwas trinken will, rausgehen muss.“

Mit im wörtlichen Sinne Pauken und Trompeten wurde Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) eingeläutet, der im Gegenzug etwas Wesentliches an der Bargestaltung zu monieren hatte: „Es fehlt der Spritzwein. Der Herr Bürgermeister ordert das immer.“ Und was ebenfalls fehle, sei die adäquate Repräsentation von Frauen im Filmgeschäft, auch wenn Wien hier im Bereich der Fernsehfilmförderung in den vergangenen Jahren Fortschritte erzielt habe.

Link: