Wohnzimmer mitten am Graben

Ein kleines Zimmer mit Stahlmöbeln mitten in der Fußgängerzone am Graben: „Domestic Landscape 2.0“ ist eines von acht neuen Kunstprojekten, die in diesem Jahr von Kunst im Öffentlichen Raum (KÖR) geplant sind.

Aus lackierten Stahlrohren will der französische Künstler Faustino Tische und Stühle bauen und ab 18. Mai am Graben in der Innenstadt ausstellen. „So schafft Faustino einen Innenraum im Außenraum, ein ‚zu Hause‘ in der Stadt“, sagt Martina Taig, Geschäftsführerin der KÖR.

Bis Ende Oktober können Passanten die ausgestellten Möbel nutzen und „wie durch eine richtige, kleine Wohnung spazieren“, sagt Taig. Es gehe dem Künstler vor allem darum, die zunehmende Verwischung der Grenzen des privaten und öffentlichen Raumes abzubilden.

Gesichter auf 800 Quadratmeterfläche

Ein weiteres Kunstprojekt ist bei der U1-Station Altes Landgut geplant. „Gesichtsüberwachungsschnecken“ soll das Werk heißen, das in Kooperation mit den Wiener Linien entstehen wird und ab 2. September zu sehen ist. Auf drei Wänden rund um eine Rolltreppe, die zu den Bahnsteigen führt, wird der Schweizer Künstler Yves Netzhammer Gesichter mit Farblack aufsprühen. Betrachtet werden kann das Werk von der Rolltreppe aus. Je nachdem von welcher Höhe die Rolltreppenfahrer auf das Kunstwerk schauen, wechseln die Gesichter ihre Farben – ähnlich wie bei einem Kippbild.

„So erleben die Menschen das Kunstwerk immer wieder neu – auch jene, die jeden Tag bei der U-Bahnstation vorbeifahren. Das war uns wichtig, weil es ein permanentes Werk ist, von dem man so lang wie möglich und immer wieder was haben soll“, sagt Taig.

NS-Erfahrungsberichte auf dem Boden

Nicht alle der acht geplanten Kunstprojekte sind allerdings neu. Für das Projekt „Mahnmal Alltagsskulpturen“ hat die Künstlerin Catrin Bolt persönliche Berichte aus der Zeit des Nationalsozialismus recherchiert, die von Vorfällen und Übergriffen im öffentlichen Raum erzählen. Mit einer dunkelgrauen Farbe sind diese Textpassagen entlang jener Orte aufgebracht, an denen die erzählten Ereignisse passiert sind.

Jetzt soll das Projekt im 2. und 5. Bezirk um vier Textverläufe mit insgesamt rund 500 Metern Länge erweitert werden. „Die Texte sind mittels Straßenmarkierstoff aufgetragen, der mit der Zeit und der Intensität der Straßennutzung langsam verblasst und irgendwann einmal ganz verschwindet – ähnlich wie unsere Erinnerungen an diese Zeit“, sagt Taig.

Weitere Kunstprojekte für 2017

Weiters sollen in einem Parcour am Nordwestbahnhof Skulpturen von zehn Künstlern ausgestellt werden. Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Geschichte des Bahnhofes, der 2018 abgerissen wird. Am 5. Mai wird die Ausstellung eröffnet und kann dann bis Ende Juli besucht werden.

Für die Per-Albin-Hansson-Siedlung im 10. Bezirk sollen, nach einer Idee von Ernst Strouhal und Marcus Bruckmann, Brettspiele auf Tische gedruckt werden. „So wird ein sozialer Ort geschaffen. Die Menschen können sich dort zum Spielen treffen oder einfach über die Spiele sprechen“, sagt Taig.

Im 6. und 15. Bezirk sind Fassadenbemalungen des italienischen Künstlers Aldo Giannotti geplant. Auch das Mahnmal Aspangbahnhof, welches an die Deportierung von 47.000 Juden erinnern soll, wird dieses Jahr errichtet - mehr dazu in -Aspangbahnhof: Mahnmal für NS-Opfer geplant. Im Rahmen von „KÖR & Jugend“ hat sich der Wiener Künstler Manuel Gorkiewicz gemeinsam mit Jugendlichen überlegt, wie man ihren Wohn- und Spielort nach persönlichen Wünschen neu gestalten kann. Daraus ist ein Entwurf für die Franklinstraße im 21. Bezirk entstanden, der etwa einen Sonnenschutz oder einen Rückzugsort vorsieht.

Budget von 800.000 Euro bleibt gleich

Auch dieses Jahr stehen der KÖR wieder 800.000 Euro für die Umsetzung der Kunstprojekte zur Verfügung. Das Budget wird von der Stadt Wien zur Verfügung gestellt. Damit muss die KÖR - laut ihrem Auftrag - Kunstprojekte im öffentlichen Raum umsetzen. Ziel ist es, Kunst für jeden Menschen zugänglich zu machen.

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