Nach Flop: Stadt sucht wieder Heißwasser

In Aspern starten Messungen, die das unterirdische Heißwasservorkommen jenseits der Donau untersuchen sollen. In Zukunft könnten ganze Stadtteile damit versorgt werden. Ein ähnliches Projekt war aber im Jahr 2012 gescheitert.

Eine geplante Anlage in der Seestadt Aspern hätte bis zu 40.000 Wohnungen mit Wärme versorgen sollen. Bis in 4.000 Meter Tiefe wurde gebohrt, doch das ersehnte Heißwasser wurde nicht gefunden. Einer Tochterfirma von Wien Energie entstand ein Schaden von 16,1 Millionen Euro - mehr dazu in Kraftwerk Aspern: 16 Millionen Euro Schaden.

Nun unternimmt Wien Energie einen neuen Anlauf und koordiniert ein Forschungsprojekt mit dem Namen „GeoTief“. Wien Energie finanziert das Projekt bis 2020 mit fünf Millionen Euro aus eigenen Mitteln. Zusätzlich wird es eine Teilfinanzierung vom Klima- und Energiefonds geben.

Geothermie Untersuchung in Aspern

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Messfahrzeug in Aspern aufgefahren

OMV als Partner dabei

Der Start erfolgt in der Donaustadt und der niederösterreichischen Gemeinde Raasdorf mit 2D-Seismik-Messungen, mit denen mittels zweidimensionaler Bilder der geologischen Formationen Rückschlüsse auf das Vorkommen von Erdwärme gewonnen werden sollen. In den Wintermonaten 2017/18 - Umweltschutzauflagen erlauben seismische Messungen nur im Winter - werden die Erkenntnisse mit dreidimensionalen Messungen (3D-Seismik) vertieft.

Infotag zum Projekt

Am Samstag können sich Interessierte im Technologiezentrum Aspern (Seestadtstraße 27) über das Projekt „Geo-Tief“ informieren.

Die gewonnen Daten werden schließlich mit bereits vorliegenden verschnitten und sollen zeigen, ob sich die kommerzielle Erschließung der Erdwärme lohnt. Wichtiger Lieferant dieser Daten ist Konsortiumspartner OMV, der durch die jahrzehntelange Suche nach fossilen Energiequellen seine Erfahrung einbringen kann, zeigte sich Karl Gruber, technischer Geschäftsführer der Wien Energie, erfreut, die OMV als Partner zu haben.

Geothermie Untersuchung in Aspern

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Lärmbelastung wie großer Lastwagenzug

Vier Messfahrzeuge fahren in der Kolonne bis Ende März zwei Strecken ab: vom Rennbahnweg bis in den Raum Großenzersdorf. Und von Essling nach Raasdorf im Marchfeld. Jeweils zwölf Kilometer. Die Anrainer sollen dies nur am Rande zu spüren bekommen. „Unsere Erfahrung zeigt, es ist, wie wenn ein großer Lastwagenzug vorbeifährt oder eine Straßenbahn vorbei fährt“, sagt Peter Seifert von der geologischen Bundesanstalt, „das sind ungefähr die Schwingungen, die man einige Sekunden lang spürt“.

Suche nach Heißwasservorkommen

In Aspern laufen die Vorbereitungen. Am Montag startet ein neuer Versuch, dort Heißwasser zu finden. Die Messgeräte sind bereits aufgefahren.

Unterstützung aus München

Unterstützung bekommt das Projekt von der bayerischen Metropole München. „Wir haben bereits das Erdwärme-Potenzial im Stadtgebiet München mit seismischen Messungen erhoben. Die Ergebnisse waren sehr positiv, ebenso die Resonanz der Bevölkerung“, erklärte Christian Hecht, Projektleiter Geothermie bei den Stadtwerken München. Er ist auch Mitglied im Projektbeirat „Geotief Wien“. Projektpartner sind die Geologische Bundesanstalt, die Universität Wien, die Universität Salzburg, die Montanuniversität Leoben, die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), OMV, RAG, Geo5 (Seismikexperten) und der Consulter Heinemann Oil (HOL).

Zweites Projekt zu oberflächennaher Geothermie

Umweltfreundliche Wärme kann aber nicht nur aus tief liegenden Heißwasservorkommen, sondern auch aus oberflächennaher Geothermie mit Hilfe von Wärmepumpen-Anwendungen gewonnen werden. „Diese ist überall anwendbar, nicht von Heißwasservorkommen abhängig und wird eine wichtige Rolle in der Stadtversorgung haben“, sagte Gregor Götzl von der Geologischen Bundesanstalt zur APA.

Im ebenfalls kürzlich gestarteten dreijährigen EU-Projekt GeoPLASMA wollen die geologischen Dienste Österreichs, der Slowakei, Tschechiens, Polens, und Sachsen gemeinsam mit Unis, Städten und Unternehmen gemeinschaftliche Planungs- und Bewirtschaftungsgrundsätze für die oberflächennahe Geothermie in Zentraleuropa schaffen.

„In Wien mehr als 2.000 Nutzungen“

Bisher sei das Thema in vielen Ländern vernachlässigt worden, in Österreich allerdings gut etabliert. In Wien etwa würden der oberflächennahe Grundwasserkörper sowie Erdwärmesonden für Heizen und Kühlen seit fast 20 Jahren thermisch genutzt, „das ist eine etablierte Technologie“, so Götzl.

Diese vielen Anwendungen müssten aber auch verwaltet werden, „wir reden alleine in Wien von mehr als 2.000 Nutzungen und von Zigtausenden in ganz Österreich“. Denn jede oberflächennahe geothermische Nutzung konsumiere Energie, die im Boden gespeichert ist.

„Wenn die Nutzungsdichte irgendwann zu groß wird, dann gräbt man sich gegenseitig Potenziale ab“, betonte Götzl. Zudem sei der Grundwasserkörper ein Naturraum, der durch viele Nutzungen beeinträchtigt werden könne. So weiß man etwa noch nicht, wie sich die Grundwassertemperatur in Wien verhält. Wurden früher Anlagen nach dem Prinzip „first come, first serve“ genehmigt, würden nun „neue Konzepte für die Planung und Bewirtschaftung“ benötigt, so Götzl.

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