Häftling fuhr Polizisten nieder: Unfall vermeidbar

Im Fall des Polizisten, der in Floridsdorf mit einem Motorrad niedergefahren und lebensgefährlich verletzt worden ist, liegt nun das Gutachten vor. Demnach wäre der Unfall vermeidbar gewesen. Es wird wegen versuchten Mordes ermittelt.

Der Polizist sicherte einen Schulweg, als er von einem im gelockerten Vollzug befindlichen Häftling niedergefahren wird. Der Sachverständige geht davon aus, dass das Motorrad zum Unfallzeitpunkt mit einer Geschwindigkeit von zumindest 95,8 km/h unterwegs war. Dennoch wäre die Kollision zu vermeiden gewesen, hielt der Verkehrstechniker Wolfgang Schabauer in seiner Expertise fest.

Polizist Unfall

APA/Herbert P. Oczeret

Laut Gutachten war der Unfall vermeidbar

Demnach hätte der Häftling, dem für den 22. September 2016 ein Ausgang genehmigt worden war, „durchaus die Möglichkeit gehabt, auch noch eine Sekunde, nachdem der Polizist den Schutzweg betreten hatte, kollisionsfrei vor dem Schutzweg anzuhalten“. Warum der 29-Jährige - ein Insasse der Justizanstalt Hirtenberg - den Unfall riskiert bzw. ob er ihn absichtlich herbeigeführt hat, sei „aus technischer Sicht“ nicht zu beantworten, so Schabauer - mehr dazu in Mordversuch: Häftling fährt Polizisten um.

„Musste mit tödlichen Verletzungen rechnen“

Der Motorradlenker musste dem Sachverständigen zufolge aber „jedenfalls damit rechnen, dass bei einer derartigen Annäherungsgeschwindigkeit Personen, welche den Schutzweg unmittelbar vor dem Motorrad betreten und queren wollen, erfasst und mitunter tödlich verletzt werden“.

Für Mathias Burger (Kanzlei Boran Heck), den Rechtsvertreter des 52 Jahre alten Polizisten, ist damit „eindeutig davon auszugehen, dass der Verdächtige den Unfall ernsthaft für möglich und billigend in Kauf genommen hat“, wie er am Montag im Gespräch mit der APA betonte. Wer mit einer Geschwindigkeit jenseits vom 95 km/h mit einer 175 PS starken Yamaha in einen Menschen hineinfahre, „findet sich damit ab, dass dieser Mensch stirbt“ - mehr dazu in Nach Unfall: Polizist weiter in Lebensgefahr.

Unfallstelle

APA/Herbert P. Oczeret

Gegen den Mann wird wegen Mordversuchs ermittelt

Ermittlungen wegen Mordversuchs

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen den Motorradlenker wegen versuchten Mordes. Ob in diese Richtung Anklage erhoben wird, ist offen. Noch ist ein ergänzendes medizinisches Gutachten ausständig. Der Polizist hatte bei dem Unfall schwere Kopf- und innere Verletzungen erlitten. Eine Notoperation rettete ihm das Leben. Der 52 Jahre alte Beamte ist aufgrund der Unfallfolgen allerdings nicht mehr arbeitsfähig.

Der Häftling war ohne Führerschein unterwegs, die Maschine gehörte einem Verwandten. Sie war für den Verkehr offiziell gar nicht zugelassen, sondern wies nur beschriftete Pappendeckel als Kennzeichen auf. Das fiel einer Funkstreifen-Besatzung auf, die den Biker deswegen kontrollieren wollte. Der Versuch, diesen anzuhalten, scheiterte - weil er keine Papiere hatte, gab der 29-Jährige Vollgas und brauste davon.

Die Beamten forderten über Funk Verstärkung an. Die Verfolgungsjagd ging bis nach Strebersdorf. Der 52-jährige Polizist, der an der Kreuzung Rußbergerstraße/Strebersdorfer Platz Dienst versah, bekam über Funk den Einsatz mit. Als ihm klar wurde, dass das Motorrad seine Kreuzung passieren würde, stellte er sich auf den Zebrastreifen, um den Flüchtenden zu stoppen.