Dritte Piste: Ermittlungen nach Entscheid

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt nach anonymen Anschuldigungen gegen zwei Bundesverwaltungsrichter. Sie waren an dem Entscheid über die dritte Piste auf dem Flughafen Wien-Schwechat beteiligt.

Bereits seit Wochen gibt es Kritik an der Entscheidung und besonders an den drei Richtern, die diese getroffen haben. Von Befangenheit war zunächst die Rede. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen zwei Verdächtige und gegen unbekannt, bestätigt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek, einen „Kurier“-Bericht. Der Vorwurf lautet auf Verdacht des Amtsmissbrauchs, sagt Bussek. Mehr könne man derzeit nicht sagen, weil die Ermittlungen ganz am Anfang stehen.

Unverständnis bei Verfassungsjurist Mayer

Aufgekommen sind die Vorwürfe gegen die Verwaltungsrichter bei der „Whistleblower-Hotline“ der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die den Fall an die Staatsanwaltschaft Wien abgetreten hat. Laut „Kurier“ wird den Richtern Befangenheit vorgeworfen, weil ihre Entscheidung im Widerspruch zu Gutachten stehen würde.

Der „Kurier“ vermutet hinter der Anzeige enttäuschte Grundstückseigentümer, die sich zu früh auf die Ablöse ihrer Gründe durch den Airport gefreut hatten. Im Hintergrund gibt es allerdings auch Stimmen, die von einer Anschwärzungskampagne gegen die Verwaltungsrichter sprechen.

Denn die Entscheidung gegen die dritte Flughafenpiste hat auf vielen Ebenen für Empörung gesorgt. Verfassungsjurist Heinz Mayer ist im Ö1-Mittagsjournal jedenfalls erstaunt: „Es hat mich überrascht, dass dieser strafrechtlich doch sehr schwere Vorwurf erhoben wird. Ich habe diese Entscheidung gelesen, die ist umfassend begründet und nachvollziehbar – die Abwägung die das Gericht getroffen hat, ist gut begründet. Also ich kann von außen auf jeden Fall nicht erkennen, dass da schwerwiegende Mängel vorliegen sollen. Und schon gar nicht strafrechtlich relevante.“

Anschuldigungen für GLOBAL 2000 unverständlich

Vor allem weil Gutachten, die bei einem Verfahren vorliegen, der freien Beweiswürdigung der Richter obliegen, so Mayer: „Das Gericht hat sich nachvollziehbar damit auseinander zu setzen und zu begründen, warum es einer Zeugenaussage oder einem Gutachten folgt oder nicht folgt.“

Auch bei der Nichtregierungsorganisation GLOBAL 2000 stoßen die Vorwürfe auf Unverständnis. Reinhard Uhrig, Kampagnenleiter der Organisation, sagt in einer Aussendung: „Es ist in einem Rechtsstaat wie Österreich aber äußerst bedenklich, dass hier ein Ermittlungsverfahren gegen unabhängige Richter eingeleitet wird, weil gewissen Interessensgruppen das Erkenntnis vom 2. Februar missfällt.“

Frühere Tätigkeit kein Befangenheitsgrund

Befangenheit wird den Richtern seit Wochen vorgeworfen, weil zwei der Richter früher im Umweltministerium als Juristen tätig waren und Kontakte zu Umweltschützern hatten. Ein dritter Richter war früher Generalsekretär der Land- und Forstbetriebe.

Als Befangenheitsgrund reicht eine frühere Tätigkeit aber nicht aus, sagt Mayer: „Es muss einen konkreten Grund geben, der eine Befangenheit nahelegt. Zum Beispiel ein Abhängigkeitsverhältnis des Richters von bestimmten Interessengruppen oder Verwandten des Richters. Dann könnte es sein, dass eine Befangenheit im konkreten Fall gegeben ist. Ganz allgemein kann man nicht aus der bisherigen beruflichen Tätigkeit eines Richters eine Befangenheit ableiten.“

Die Staatsanwaltschaft wird jedenfalls die Vorwürfe untersuchen. Auch die Höchstgerichte werden sich mit dem Urteil der Bundesverwaltungsrichter befassen. Der Flughafen Wien will Beschwerde gegen die Gerichtsentscheidung gegen die dritte Flughafenpiste bekannt geben. Sofern auch hier Befangenheitsvorwürfe erhoben werden, wird das ebenfalls vom Höchstgericht geprüft werden.

Rechtsanwälte-Präsident kritisiert Kritik

Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff zeigte sich „verblüfft“ über die Kritik an den Richtern. Es entstehe der Eindruck, „dass man versucht, Richter insgesamt einzuschüchtern und gefügig zu machen“. Wolff ist überzeugt, dass bei den Amtsmissbrauchs-Ermittlungen der Staatsanwaltschaft „nichts herauskommt“. Das wäre auch angebracht - und das richtige rechtsstaatliche Vorgehen, betonte Wolff am Donnerstag.

„Nicht rechtsstaatlich“ sei es hingegen, Richter nach einem Urteil öffentlich zu kritisieren und ihnen den Vorwurf des Amtsmissbrauchs zu machen. Der richtige Weg, sich gegen eine Entscheidung zu wehren, sei ein Rechtsmittel, beim Verdacht der Befangenheit von Richtern auch am Bundesverwaltungsgericht wäre es ein Ablehnungsantrag - aber keinesfalls eine Meldung bei der Whistleblower-Hotline der Korruptions-Staatsanwaltschaft, bei der der Meldungsgeber anonym bleibt.

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