Landtag diskutierte Doppelstaatsbürgerschaft

In einer Sondersitzung des Wiener Landtags sind Doppelstaatsbürgerschaften diskutiert worden. SPÖ, Grüne und NEOS zweifelten die Wichtigkeit des Themas an. Die FPÖ, die die Sitzung begehrt hatte, sah hingegen Handlungsbedarf.

FPÖ-Klubobmann Dominik Nepp verwies in seiner Rede auf die Bedeutung der heimischen türkischen Community für den türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Dieser könne hier mit einer Mehrheit rechnen. „Wer antidemokratische Zustände will, der soll doch wieder in die Türkei zurückgehen“, befand der blaue Politiker. Jene, die beide Staatsbürgerschaften hätten, müssten die österreichische jedenfalls verlieren, das sei geltendes Recht.

FPÖ: „Behörden sind schuld“

„Die zuständigen Behörden sollen dafür sorgen, dass der Missbrauch eingedämmt wird“, forderte Nepp. Er sprach sich etwa für Überprüfungen auf Flughäfen aus. Nach Österreich zurückreisende türkischstämmige Passagiere sollten dahingehend kontrolliert werden, ob sie über ein türkisches Visum verfügen. Falls nicht, sei davon auszugehen, dass sie mit einem anderen Pass in die Türkei eingereist seien.

Doch das Magistrat, so beklagte der FPÖ-Klubobmann, sei untätig. Wien, so mutmaßte er, forciere sogar Doppelstaatsbürgerschaften. Das Motiv sei klar: Man wolle damit Wähler lukrieren, zeigte sich Nepp überzeugt.

Neos: „Scheindebatte“

NEOS-Abgeordneter Christoph Wiederkehr ortete eine scheinheilige Debatte, da die FPÖ Doppelstaatsbürgerschaften etwa in Zusammenhang mit Südtirol immer gewünscht habe. „Das ist absolut inkonsequent“, befand er. Doppelstaatsbürgerschaften seien „in einer pluralen Welt sinnvoll“, da viele Menschen doppelte Identitäten hätten. Wiederkehr sprach von einer „Scheindebatte“.

Jedoch gestand auch er ein, dass es ihn irritiere, wenn jemand Erdogan wähle. Und er sei Anhänger des „Legalitätsprinzips“. Da sie nicht erlaubt seien, müsse das Magistrat Doppelstaatsbürgerschaften sehr wohl kontrollieren.

ÖVP für Taskforce

ÖVP-Mandatar Wolfgang Ulm urgierte ebenfalls ein „rechtmäßiges“ Durchgreifen. Doppelstaatsbürgerschaften sollten nur in geringem Maße zugelassen werden. Denn diese seien ein „vehementes Hindernis für Integration“, warnte er. Und er stellte klar: „Irgendwann muss man sich entscheiden. Ich kann auch nicht zwei Frauen heiraten.“ Ulm skizzierte die Gefahr eines „unauflöslichen Loyalitätskonflikts“. Er sprach sich für die Einsetzung einer „Taskforce“ aus.

SPÖ: „674 Kontrollen durchgeführt“

„Wir vollziehen das Gesetz korrekt und konsequent“, beteuerte SPÖ-Abgeordneter Kurt Stürzenbecher. 2016 sind laut seinen Angaben 674 Feststellungsverfahren durchgeführt worden, also Erhebungen, ob ein Betroffener tatsächlich mehrere Staatsbürgerschaften hat: „Wir nehmen Missbräuche nicht hin.“ Jedoch sei der zeitliche und administrative Aufwand der Überprüfung enorm. Generell, so hielt er fest, sei er dagegen, Ethnien unter „Generalverdacht“ zu stellen.

Online-Portal hätte Auskunft geben können

Laut dem blauen Rathaus-Klubchef hätten die Behörden zuletzt relativ einfach recherchieren können, wer eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzt. Denn es sei vom türkischen Konsulat für das anstehende Referendum in der Türkei ein Online-Portal eingerichtet worden. Dort hätten sich Personen, die hierzulande mitstimmen wollten, mit ihrer Ausweisnummer registrieren müssen.

Von Türken, die inzwischen rot-weiß-rote Staatsbürger sind, hat laut Nepp jedoch auch die Behörde die Daten der alten Personalausweise. Hätte man diese eingegeben, hätte man sofort erkannt, ob der Betreffende auch wahlberechtigt - und damit weiterhin türkischer Staatsbürger - ist. Das sei jedoch verabsäumt worden, beklagte der FPÖ-Politiker. Das Portal sei inzwischen nicht mehr online.

FPÖ will Register über Fälle von Türkei

Ehemalige türkische Staatsbürger, die inzwischen eingebürgert wurden, würden sich jedenfalls strafbar machen, wenn sie weiterhin auch türkische Staatsbürger bleiben, meint Nepp. Ihnen drohe die Aberkennung in Österreich. Der Bund müsse die Bestrebungen intensivieren, von der Türkei ein Register über derartige Fälle zu erhalten.

Sollte dies nicht gelingen, dann solle ein Gesetzesentwurf erarbeitet werden, in dem klargestellt wird, dass ausschließlich Personen aus Ländern eingebürgert werden können, die kooperativ sind. Weigere sich ein Staat, die Daten vorzulegen, dann sollten Bürger dieses Landes keine Österreicher mehr werden können. Im konkreten Fall würde das derzeit bedeuten, so Nepp: „Es muss die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an türkische Staatsbürger gestoppt werden.“