Stress steigert Einfühlungsvermögen

Bisher ist man davon ausgegangen, dass Stress Kampf-oder Fluchtreaktionen auslöst. Wiener Forscher zeigen aber in einer neuen Studie, dass Menschen unter Stress verstärkt soziales Verhalten aufzeigen und anderen eher helfen.

Im Fachjournal „Social Cognitive and Affective Neuroscience“ berichten Wiener Forscher, dass Menschen unter Stress mehr Empathie zeigen.

Claus Lamm vom Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden der Universität Wien hat die Auswirkungen von Stress in einem Experiment überprüft. Dabei wurden 80, wohlgemerkt männliche Versuchsteilnehmer gestresst, indem sie unter Zeitdruck anspruchsvolle Aufgaben lösen mussten und dabei laufend negatives Feedback erhielten.

Gehirnaktivität gemessen

Anschließend zeigte man ihnen Bilder von medizinischen Eingriffen an der Hand und bat sie, sich den Schmerz der abgebildeten Person intensiv vorzustellen. Ein Teil der Probanden erhielt die Information, dass die Hand des Patienten während des Eingriffs betäubt war.

Computertastatur Stress Relax

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Männer unter Stress sollen hilfsbereiter sein

Während des Experiments wurde die Gehirnaktivität der Probanden mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) gemessen. Das Forscher konzentrierten sich speziell darauf, wie sich die neuronale Aktivität im sogenannten „Empathienetzwerk“ während einer Stresssituation verändert. Zudem wurde im Anschluss mit Hilfe eines Spiels das prosoziale Verhalten der Probanden erhoben. Diese konnten dabei einen frei zu wählenden Geldbetrag an eine zweite, ihnen unbekannte Person abgeben.

Empathie bei Schmerzempfinden

Die neuronale Antwort aber auch stärker, wenn die Probanden wussten, dass die Hand betäubt war. Dies spricht nach Meinung der Forscher für höhere Empathie, gleichzeitig aber geringere Perspektivenübernahme unter Stress. Beim Spiel gaben die Versuchsteilnehmer mehr Geld, wenn ihr Gehirn stärker auf den Schmerz einer anderen Person reagierte. Für die Wissenschafter zeigt die Messung der Gehirnaktivität, dass gestresste Versuchsteilnehmer eine stärkere emotionale Antwort auf den Schmerz anderer Person zeigen.

„Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass Menschen unter Stress mehr Empathie zeigen können und eher geneigt sind, anderen zu helfen“, erklärte Lamm in einer Aussendung. Diese Hilfe könne aber auch unangebracht oder unzweckmäßig sein, etwa wenn der erste Eindruck nicht der tatsächlichen Emotion der anderen Person entspricht. „Stress kann in sozialen Situationen somit, abhängig vom Kontext und der Situation, förderlich oder hinderlich sein“, sagte der Forscher.

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