Taschenkontrollen bei Müller-Mitarbeitern

Bei der Drogeriekette Müller gibt es offenbar mehrere Missstände. So soll es Taschen- und Spindkontrollen, erschwerte Urlaubsplanung, Arbeitszeitüberschreitungen und sehr kurzfristige Diensteinteilungen geben.

Die Gewerkschaft GPA-djp hatte Mitte Februar Briefe an die in Österreich rund 2.800 Müller-Beschäftigten verschickt, um sie über ihre Arbeitsbedingungen zu befragen. Mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter antworteten auf die zwölf Fragen, teilweise gespickt mit seitenlangen persönlichen Briefen, in denen die Bedingungen bei der deutschen Kette geschildert werden.

Wiener Filiale

APA/Georg Hochmuth

Die Taschen der Mitarbeiter sollen auch vor Kunden kontrolliert werden

„In mehr als der Hälfte der Fragebögen wurden persönliche Anmerkungen gemacht“, sagte Gewerkschafterin Barbara Teiber. Diese seien teils sehr schockierend gewesen, wenngleich auch einige positive Stimmen dabei gewesen seien. Insgesamt zeige sich ein Stadt-Land-Gefälle: „In großen Städten sind die Arbeitsbedingungen viel schlechter“, so Teiber. Die Befragung wurde zwar anonym durchgeführt, viele Beschäftigten gaben ihre Daten aber an.

Tägliche Taschenkontrollen auch vor Kunden

Als „systematisch“ bezeichnete Teiber die Taschenkontrollen, die bei Müller täglich durchgeführt werden, nicht nur zu Dienstschluss, sondern teilweise auch vor der Mittagspause. Besonders diffamierend sei dabei, dass die Kontrollen auch vor Kunden durchgeführt werden. „Tägliche Kontrollen auch vor Kunden“, schreibt etwa eine Mitarbeiterin in der Befragung. „Taschenkontrollen bis aufs kleinste Seitenfach“, vermerkt eine andere.

Taschenkontrollen sind nicht grundsätzlich verboten, sofern es dafür eine Betriebsvereinbarung gibt oder der/die Beschäftigte ausdrücklich zugestimmt hat - im Dienstvertrag oder auch mündlich. Eine Betriebsvereinbarung hat Müller dafür nicht, die Drogeriekette hat keinen Betriebsrat. Wie berichtet hat die GPA gegen Müller den Vorwurf erhoben, eine Beschäftigte in Wien gekündigt zu haben, weil sie einen Betriebsrat gründen wollte.

Spindkontrollen ohne Beisein der Mitarbeiter

Die Gewerkschaft geht gegen die Kündigung auch rechtlich vor und hat eine Anfechtung am Arbeits- und Sozialgericht eingebracht. Der erste Verhandlungstermin soll Ende April stattfinden. Müller kontrolliere aber nicht nur die Taschen der Beschäftigten, sondern auch die Spinde - „und das auch ohne Beisein der entsprechenden Mitarbeiter“, so Teiber. „Hier werden Beschäftigte unter den Generalverdacht gestellt zu stehlen“, kritisierte Teiber.

Die Frage „Kommt es vor, dass Sie krank arbeiten gehen?“ beantworteten 58 Prozent der über 300 Befragungsteilnehmer mit Ja. Rund um Krankenstände machte die Gewerkschaft mehrere „Baustellen“ aus: Beschäftigte würden im Krankenstand kontaktiert und auf einen schnellen Arbeitsbeginn gedrängt, und es komme häufig zu Dienstumschichtungen. „Wenn ich heute anrufe und sage, dass ich krank bin, habe aber zum Beispiel Freitag und Samstag frei, dann gibt die Filialleiterin mir heute Dienstag und Mittwoch frei oder Zeitausgleich, bloß nur, dass ich mich nicht krankmelde“, schilderte eine Beschäftigte.

Keine verlässliche Urlaubsplanung

Filialleitungen, in deren Filialen es wenige Krankenstände gibt, winkten zudem höhere Prämien. Probleme führte die Befragung auch bei der Urlaubs- und Dienstplanung sowie Arbeitszeitaufzeichnungen zutage. Ein Drittel der Befragten berichtete von einseitig angeordneten Urlauben, überhaupt scheint die Urlaubsplanung erschwert. „Urlaub muss sehr früh beantragt werden, wird oft nicht genehmigt bzw. anders eingeteilt“, so eine Mitarbeiterin.

„Urlaube werden verschoben, wenn welche krank sind“ und „Es wird sehr wenig Rücksicht auf Kinder beziehungsweise Familien genommen“ waren andere Wortmeldungen. Auch scheint es eine Liste von Tagen und Wochen zu geben, an denen Urlaube grundsätzlich untersagt seien, etwa an den Einkaufssamstagen, zu Muttertag, am Valentinstag usw.

Viele Beschäftigte bemängelten die zu kurzfristige Dienstplanung und schilderten Praktiken bei der Arbeitszeitaufzeichnung, die laut Gewerkschaft verboten sind. Nicht immer stimmten die aufgezeichneten Stunden mit den tatsächlich gearbeiteten Stunden überein - etwa wenn Stunden, die am Abend anfallen, auf den nächsten Tag geschrieben werden müssen.

Müller-Chef will Mitarbeiterführung nicht ändern

Der Chef der deutschen Drogeriekette Müller, Erwin Müller, hat kein Interesse daran, in Österreich mit der Gewerkschaft zusammenzuarbeiten. „Herr Müller teilt uns mit, dass er kein Interesse an einer sozialpartnerschaftlichen Zusammenarbeit hat“, sagte Teiber. Die Gewerkschaft hatte sich an den Firmenchef persönlich gewandt, um mit ihm konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitssituation bei der Drogeriekette in Österreich zu entwickeln.

Der Müller-Chef winkte jedoch ab: „Bezugnehmend auf Ihr Schreiben möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich meine Mitarbeiter wie bisher selbst führen werde und bei uns im Aufenthaltsraum rote Kuverts aufliegen, wo jeder Mitarbeiter, wenn er einen Wunsch oder ein Problem hat, an mich direkt schreiben kann ...“ Diese Zeilen übermittelte Müller Dienstagabend der Gewerkschaft via Fax. „Auch wenn sich Herr Müller das wünschen würde: Mit dem Bild, das die Beschäftigten zeichnen, können wir jedenfalls auf keinen Fall zur Tagesordnung übergehen“, so Teiber.

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