Uni Wien: „Erbloses“ NS-Raubgut geht an Fonds

Die Uni Wien restituiert künftig auch alle in der NS-Zeit geraubten Bücher und Kulturgüter, bei denen keine Erben ausgeforscht worden sind. Die Objekte werden einem Opferfonds übergeben, die Uni kauft sie dann zurück.

Seit 2004 läuft an der Universität Wien ein Projekt, bei dem die Uni-Bibliothek systematisch von den Nationalsozialisten enteignete Bücher und Objekte restituiert. Immer wieder konnten aber keine Erben bzw. Rechtsnachfolger ausgeforscht werden. Nun hat die Uni einen Vertrag mit dem Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus über „erbloses“ Raubgut unterzeichnet.

Erlös kommt NS-Opfern zugute

Der Vertrag sieht vor, dass jene Bücher und Kulturgüter ungeklärter Herkunft, die zwischen 1933 und 1945 politisch und rassistisch verfolgten Menschen und Institutionen geraubt wurden, in Anlehnung an das Kunstrückgabegesetz dem Nationalfonds zur Verwertung übergeben werden.

„Jedes geraubte Buch, jedes geraubte Objekt, das sich in unseren Beständen befindet, wird restituiert“, betont die Leiterin der Unibibliothek, Maria Seissl. Danach kauft die Uni diese Güter wieder an, entscheidend für den Betrag ist ein unabhängiges Schätzgutachten bzw. der aktuelle Listenpreis. Der Erlös der einst geraubten Objekte kommt NS-Opfern zugute.

Bibliothek der All Peoples Association erster Fall

Erstmals zum Tragen kommt diese neue Vorgangsweise bei der Bibliothek der All Peoples Association (APA), deren 1935 gegründete Wiener Zweigstelle 1939 von den Nazis aufgelöst wurde. Der Bibliotheksbestand wurde damals dem Englischen Seminar der Uni zuerst als „Leihgabe“ zugeteilt und wenig später zum Eigenbestand erklärt. Im Rahmen der NS-Provenienzforschung hat die Uni Wien 1.820 Druckschriftenbände eindeutig als Raubgut identifiziert, mangels Rechtsnachfolger der APA konnten sie aber nicht restituiert werden.

Dasselbe Problem ergab sich bei zwölf Objekten, die der archäologischen Schausammlung des Instituts für Ägyptologie 1938 von der Gestapo übergeben worden waren. Auch sie werden nun dem Nationalfonds zu Verwertung übergeben und - diesmal legal - von der Uni wieder angekauft.

„Erbloses“ Raubgut auch Thema bei Tagung

Eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema „erbloses“ Raubgut findet an der Uni Wien von 2. bis 4. Mai bei der internationalen transdisziplinären Tagung „‚Treuhänderische‘ Übernahme und Verwahrung“ statt. Zur Eröffnung spricht der frühere US-Botschafter für „Holocaust Issues“, James Bindenagel.

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