Strafreduktion: Ministerium stellt sich vor OGH

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH), die Haftstrafe für einen Vergewaltiger von sieben auf vier Jahre zu reduzieren, hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Dem ist am Mittwoch das Justizministerium entgegengetreten.

Im Fall der Vergewaltigung eines zehnjährigen Buben in einem Wiener Hallenbad die Haftstrafe für den Täter um drei Jahre zu reduzieren, hat in den Online-Foren mehrerer Tageszeitungen einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Das Justizministerium verteidigt die Entscheidung.

„Nicht akzeptable Richterschelte“

Kritik an gerichtlichen Urteilen sei grundsätzlich „notwendig und erwünscht“, stellte Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek im Gespräch mit der APA fest. Eine gewisse Grenze dürfe dabei aber nicht überschritten werden. Im gegenständlichen Fall werde von manchen „eine nicht akzeptable Richterschelte“ betrieben, die jenseits dieser Grenze liege.

Angeklagter am 13. Dezember vor Gericht

APA/Georg Hochmuth

Der OGH hält vier Jahre Haft für den 21-jährigen Iraker für angemessen

Der OGH habe das gemacht, wozu er gesetzlich verpflichtet ist, gab Pilnacek zu bedenken: „Er hat einen materiellen Nichtigkeitsgrund im Strafausspruch des Erstgerichts erkannt, diesen aufgehoben und in der Sache selbst entschieden.“ - mehr dazu in Vergewaltigung in Hallenbad: Urteil herabgesetzt.

Die erste Instanz hatte über den mittlerweile 21-jährigen irakischen Asylwerber wegen Vergewaltigung und schweren sexuellen Missbrauchs eines Unmündigen bei einem Strafrahmen von bis zu 15 Jahren eine siebenjährige Freiheitsstrafe verhängt - mehr dazu in Bub vergewaltigt: Sieben Jahre Haft.

„Durchaus beträchtliche Strafe“

Als ein Erschwerungsgrund wurde dabei die „Schwere des Verbrechens“ herangezogen - in unzulässiger Weise, wie Pilnacek erläuterte: die schweren Folgen waren bereits Tatbestandsmerkmal, hätten daher bei der Strafbemessung nicht mehr gewichtet und somit nicht doppelt verwertet werden dürfen. Der OGH habe auf diesen Fehler dem Gesetz entsprechend reagiert und eine neue Strafe festgesetzt, so Pilnacek.

Was den endgültigen Strafausspruch betrifft, sei eine Strafminderung um drei Jahre „sicher sehr beträchtlich“, räumte Pilnacek ein. Zugleich betonte er: „Vier Jahre sind bei einem jungen Erwachsenen, wo keine Mindeststrafen vorgesehen sind, aber nicht wenig. Das ist im durchschnittlichen Vergleich für solche Delikte in dieser Altersgruppe durchaus eine beträchtliche Strafe.“

Bub alarmierte nach Tat Bademeister

Der verurteilte Täter war im September 2015 aus dem Irak über die Balkanroute nach Österreich gekommen. Drei Monate später, am 2. Dezember 2015, packte er im Hallenbad einen ihm fremden Buben an der Hand, zerrte den Zehnjährigen in eine WC-Kabine, verriegelte die Tür und verging sich an dem Kind. Er wurde noch im Hallenbad festgenommen.

Der missbrauchte Bub hatte sich an den Bademeister gewandt, der die Polizei verständigte. Umgehend setzten sich Beamte der ums Eck gelegenen Polizeiinspektion Hufelandgasse in Bewegung, die den Verdächtigen beim Springen vom Dreimeterbrett wahrnahmen und abführten - mehr dazu in Bub in Hallenbad vergewaltigt: Täter geständig.

In seiner polizeilichen Erstbefragung belastete der junge Mann zunächst einen 15-jährigen Bekannten fälschlicherweise der Anstiftung zur Tat. Dann legte er jedoch ein Geständnis ab und erklärte laut Einvernahmeprotokoll, er sei seinen „Gelüsten nachgegangen“. Er habe „seit vier Monaten keinen Sex mehr gehabt“. Seine geständige Verantwortung hielt der 21-Jährige auch während der Gerichtsverhandlungen aufrecht.

Ersturteil wurde aufgehoben

Im ersten Rechtsgang war der Angeklagte im Juni 2016 im Wiener Landesgericht für Strafsachen zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Dieses Urteil wurde vom OGH im Oktober wegen Begründungsmängeln teilweise aufgehoben und eine neuerliche Hauptverhandlung angeordnet - mehr dazu in Vergewaltigung in Hallenbad: Urteil aufgehoben.

Am Ende dieser erhöhte sich die Strafe um ein Jahr, was Verteidiger Kier nun im Justizpalast als „drakonisches Urteil für einen jungen Erwachsenen“ bezeichnete, mehr dazu in Vergewaltigung in Bad: Sechs Jahre Haft.