Heumarkt-Projekt im Gemeinderat beschlossen

Das umstrittene Projekt zur Umgestaltung des Heumarkts hat im Gemeinderat die notwendige Mehrheit bekommen. Dem Beschluss waren Sticheleien in der Fragestunde und eine stundenlange Debatte vorangegangen.

Kurz nach 15.00 Uhr hieß es aus dem Rathaus, dass die entsprechende Flächenwidmung für die Umgestaltung des Heumarkts beschlossen worden sei. Und das, obwohl - wie erwartet - die Mandatare der Grünen nicht geschlossen für das Projekt stimmten. Trotzdem gab es nach Ende der mündlichen Abstimmung eine doch deutliche Mehrheit von 51 zu 46 Stimmen.

Drei grüne Abgeordnete waren, wie sie schon im Vorfeld angekündigt hatten, ausgeschert. Wobei nur Martin Margulies aktiv gegen das Projekt votierte. Die Mandatarinnen Faika El-Nagashi und Barbara Huemer verließen hingegen vor der Abstimmung den Saal und enthielten sich so der Stimmabgabe. Die SPÖ-Fraktion gab dem Umgestaltungsprojekt zur Gänze ihre Zustimmung. Die Oppositionsparteien FPÖ, ÖVP und NEOS verweigerten die Unterstützung - wobei auch ÖVP-Mandatarin Elisabeth Olischar ebenfalls entschuldigt war. Damit gab es bei 100 Gemeinderatssitzen 97 gültige Stimmen.

Stundenlange Debatte

Der Abstimmung waren eine turbulente Fragestunde und eine stundenlange Debatte vorangegangen. In der Diskussion warfen Opposition und Stadtregierung einander noch einmal die schon bekannten Pro- und Kontra-Argumente nicht zuletzt rund um den drohenden Welterbe-Verlust an den Kopf. SPÖ-Mandatar Omar Al-Rawi betonte, dass in das lange Planungsverfahren die Wünsche des Eislaufvereins, des Konzerthauses, des Betreibers des Hotels Intercontinental und des Bezirks berücksichtigt worden seien.

Er fasste die Debatte so zusammen: „Es ist zu diesem Projekt alles gesagt worden, drei oder viermal schon, aber eben noch nicht von allen.“

Visualisierung Heumarkt Verkleinerung

Isay Weinfeld/Sebastian Murr

Das Heumarkt-Projekt ist umstritten

Auflagen für Investor abgesegnet

Im Anschluss ist im Gemeinderat auch der städtebauliche Vertrag zwischen der Stadt und dem Investor Wertinvest zum Projekt beschlossen worden. Dieser war von vornherein weit weniger umstritten als die Flächenwidmung. Neben SPÖ und Grünen - diesmal geschlossen - stimmte auch die ÖVP dafür.

In dem Vertrag, den die Stadt vor einigen Wochen öffentlich gemacht hat, sind diverse Auflagen festgehalten. Unter anderem geht es dabei um die Sicherung der Flächen des Wiener Eislaufvereins für 99 Jahre, die sommerliche Nutzung der Eisfläche als öffentlich zugänglicher Verweilort sowie den Bau einer unterirdischen Turnhalle für Schulen. Die Kosten für diese Maßnahmen sind vom Projektbetreiber zu tragen. Kommt er den einzelnen Punkten nicht zeitgerecht nach, fallen Strafen an.

Nachdem die Mehrheit für die Causa Heumarkt unter Dach und Fach war, war in den Reihen der grünen Fraktion durchaus Erleichterung spürbar - Umarmungen zwischen einzelnen Mandataren inklusive.

Rechtliche Voraussetzungen

Auch die für das Projekt verantwortliche Planungsstadträtin Maria Vassilakou und der grün-interne Gegner Martin Margulies bedachten einander mit Wangenküsschen. Margulies stimmte als einziger Grüner aktiv gegen das Vorhaben und begründete das, „gerade auch als Kultursprecher“, davor in der Debatte mit dem drohenden Verlust des Weltkulturerbes.

„Ich glaube, nicht ganz in der Art und Weise meiner Partei, dass man damit anders umgehen sollte“, so Margulies. Er fände es sinnvoll, die Flächenwidmung nicht an diesem Tag zu beschließen. Der Abgeordnete folgte damit dem Ergebnis der grünen Urabstimmung, die laut Statut eigentlich bindend für die Partei ist. Die Basisbefragung hatte eine knappe Mehrheit gegen die Umgestaltungspläne ergeben. Vassilakou hatte daraufhin - gewissermaßen als Exit-Strategie - den grünen Abgeordneten freie Hand über ihr Stimmverhalten gegeben.

Grafik zum Heumarkt

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Mit dem erfolgten Beschluss der Flächenwidmung sind nun die rechtlichen Voraussetzungen für den Umbau geschaffen. Gleichzeitig gilt es damit als sehr wahrscheinlich, dass die UNESCO die Wiener Innenstadt auf die Liste der gefährdeten Weltkulturerbestätten setzt. Die endgültige Entscheidung darüber fällt bei der Komiteetagung in Krakau, die von 2. bis 12. Juli stattfindet. Der nächste Schritt wäre dann die tatsächliche Aberkennung des Welterbeprädikats. Vassilakou will das verhinden - mehr dazu in Vassilakou will Welterbestatus erhalten.

Investor "sehr erfreut

Beim Projektbetreiber Wertinvest hat man sich am Donnerstag „sehr erfreut“ über den Beschluss der Flächenwidmung für das Heumarkt-Hochhaus im Gemeinderat gezeigt. „Das Projekt wird sich des Vertrauens, das ihm damit ausgesprochen wurde, mehr als würdig erweisen und seinen Beitrag dazu leisten, die Position Wiens als lebenswerteste Stadt der Welt zu festigen“, sagte Geschäftsführerin Daniela Enzi.

Der Weg der gemeinsamen Planung von Bauherr und Stadt zum Ausgleich öffentlicher und privater Interessen sei zwar „ein sehr steiniger, letztlich aber auch ein sehr fruchtbarer“ gewesen, meinte Enzi laut einer Aussendung. „Wir sind uns der Verpflichtungen, die wir gegenüber der Öffentlichkeit übernommen haben, sehr bewusst - und können auf Grundlage der Flächenwidmung jetzt daran gehen, den Entwurf zu verfeinern und zu optimieren. Anregungen dazu haben wir ja in den letzten Monaten in großer Menge erhalten“, so Enzi.

Empört über den Ausgang der Abstimmung zeigte sich dagegen der Bezirksvorsteher des ersten Bezirks, Markus Figl (ÖVP). Damit trete die Stadtregierung das Weltkulturerbe und unsere Verantwortung zur Erhaltung des historischen Stadtkerns mit Füßen, sagte Figl in einer Aussendung. Er kritisierte die „konsequente Missachtung“ der Beschlüsse der Bezirksvertretung Innere Stadt, die sich mehrfach gegen das Projekt ausgesprochen habe.

Opposition geißelte Projekt

In der Debatte vor der Abstimmung geißelte NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger die Tatsache, dass die Bürger in der Frage des Weltkulturerbes nicht eingebunden würden. Sie plädierte erneut für einen Bürgerrat.

ÖVP-Chef Gernot Blümel kritisierte ebenfalls den Umgang der Stadt mit dem UNESCO-Weltkulturerbe. Wenn die Hochhauswidmung beschlossen werde, dann sei es fix, dass Wien auf die „Rote Liste“ der UNESCO komme und als nächsten Schritt den Status verliere.

Vizebürgermeister Johann Gudenus (FPÖ) warf Vassilakou „verzweifeltes Herumargumentieren“ vor. Die Grünen würden sogar über ihre eigene Basis drüberfahren. „Welche Machenschaften stehen dahinter, wenn Sie so unbeirrt weitermachen“, fragte sich der Freiheitliche.

Sticheleien in der Fragestunde

Vor der Debatte hatte der Heumarkt-Tag im Gemeinderat schon mit Sticheleien in der Fragestunde begonnen. FPÖ und ÖVP entwarfen Bilder von der Aberkennung des Weltkulturerbe-Prädikats durch die UNESCO, was den Tourismus in Wien treffen könne. Wien wäre dann quasi eine Stadt ohne UNESCO-Etikette. NEOS positionierte sich dazwischen, ließ sich aber noch alles offen.

SPÖ und Grüne ließen noch einmal die positiven Effekte Revue passieren, die das Projekt nicht nur für den ersten und dritten Bezirk, sondern für ganz Wien bringen könnte: von der zum Großteil konsumfreien Freifläche im Sommer über die Wege, die Sicherung des Eislaufvereins und die Vorteile für das Konzerthaus. Andererseits, so die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, wäre das Projekt wohl tot, sollte die Abstimmung negativ ausgehen. Das Areal würde wohl zum Spekulationsobjekt verkommen.

Entscheidung nach fünf Jahren

Eine grüne Urabstimmung hatte im April ein knappes Ergebnis gegen das Projekt ergeben - mehr dazu in Grüne lehnen Heumarkt-Projekt ab. Die Gegner stört vor allem der geplante 66-Meter-Wohnturm. Besonders die „Initiative Stadtbildschutz“ führt einen Feldzug gegen das Projekt - zuletzt wurde am Dienstag vor dem Kulturministerium gegen das Projekt demonstriert.

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