Wienbibliothek öffnet „Zeitkapseln“ Hamanns

Die Historikerin Brigitte Hamann (1940-2016) hat akribisch recherchiert, wie eine Notiz Hamanns samt Vermerk „Erl(edigt)“ zeigt, die in der neuen Schau der Wienbibliothek „So schön kann Wissenschaft sein!“ zu sehen ist.

Selbst die Frage nach der letzten Haarwäsche Kaiserin Elisabeths stellte Hamann - und fand tatsächlich die Antwort: Es war am 7. September 1898, drei Tage vor ihrer Ermordung in Genf.

Für die im Herbst vergangenen Jahres verstorbene Historikerin, die mit ihren Büchern das Bild der Habsburger prägte, sich aber auch Mozart und Hitler widmete, war es „eine Freude“, in Österreich ihrem Beruf nachzugehen: „Öffentliche wie private Archive sind bis zu den Dachböden vollgestopft mit oft noch ungesichteten Quellen aus früheren Jahrhunderten“, schrieb sie einmal, „wer die richtige Spürnase hat, kann jederzeit wichtige Funde machen.“

„Unglaublicher Blick für Quellen“

Hamann hatte diese Spürnase, „sie hatte einen unglaublichen Blick für Quellen“, sagte Marcel Atze, Leiter der Handschriftensammlung der Wienbibliothek, am Mittwoch bei der Presseführung im Ausstellungskabinett der Wienbibliothek im Rathaus. So beruhte etwa der Erfolg ihrer Sisi-Biographie aus dem Jahr 1982 auf so einem Fund: Sie wertete als erste den literarischen Nachlass der Kaiserin im Schweizerischen Bundesarchiv aus.

Für die Wienbibliothek sind das „Zeitkapseln“, und solche Möglichkeiten, in die Vergangenheit zu reisen, hat Hamann Zeit ihres Lebens selbst gesammelt. Das meiste habe sie bei Auktionen gekauft, wo sie die Einnahmen ihrer erfolgreichen Bücher reinvestiert habe, so Atze. So ist eine umfangreiche Privatsammlung entstanden, die 2015 gemeinsam mit dem Nachlass ihres Mannes Günter und dem Archiv der Familie Hamann von der Wienbibliothek übernommen wurde. Der enorme Umfang zeigt sich etwa alleine am Hängeregister der Historikerin, das bis zu 1.500 Mappen in rund 80 Kisten umfasst.

Veranstaltungshinweis:

„So schön kann Wissenschaft sein!“, Wienbibliothek im Rathaus; 1. Juni bis 26. Jänner 2018

Einblick in Alltag

Für die bis 26. Jänner 2018 geöffnete Ausstellung habe man sich „durch diesen Bestand treiben lassen“ und anhand der Dokumente Lebensgeschichten gestaltet, „so wie Hamann das auch gemacht hat“, so Atze. So kann man Ferdinand von Hochstetter beim naturwissenschaftlichen Unterricht für Kronprinz Rudolf oder dem 1938 vertriebenen Jazzmusiker Fritz Szanto nach Shanghai folgen, Sisis aufwändige Haarwäsche studieren oder Arthur Schnitzler beim Villenkauf begleiten.

Es sind keine sensationellen Glanzstücke, die dabei präsentiert werden, die historischen Quellen geben aber Einblick in den Alltag vergangener Zeiten und zeigen, wie Hamann gearbeitet hat und „wie schön Wissenschaft sein kann“, wie Hamann selbst einmal gesagt hat.

Atze ist sich sicher, dass Hamann mit ihren Erwerbungen Buchprojekte angedacht hat. Was ihr in vielen Fällen verwehrt blieb, schafft nun die Wienbibliothek nicht nur mit der Ausstellung, sondern auch mit einer begleitenden, 350-seitigen Publikation.

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