Polizeizugriff auf Videos umstritten

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat gefordert, dass die Polizei schneller Zugriff auf Videomaterial bekommt - etwa von Kameras der Wiener Linien oder der ÖBB. Der Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl zeigt sich skeptisch.

Derzeit kann auf das Videomaterial von etwa 11.000 Kameras der Wiener Linien, der ÖBB, der ASFINAG oder der Stadt Wien von der Polizei nur nachträglich per Anforderung zugegriffen werden - also erst wenn etwas „passiert“ ist. An drei Standorten in Wien überwacht die Polizei selbst.

„Das Auge des Gesetzes“ im Widerspruch

Bei Terrorgefahr soll die Polizei sofort Zugriff auf Videoüberwachungen haben. Diesem Vorschlag kann Kriminalsoziologe Kreissl nichts abgewinnen.

Kriminalsoziologe skeptisch

„Am Praterstern mit einer Aufnahmefunktion, das heißt hier können wir auch im Nachhinein auf die Bilder zugreifen. Dazu kommen zwei Echtzeit-Überwachungskameras am Stephansplatz und am Schwedenplatz“, wie Sprecher Patrick Maierhofer gegenüber „Wien heute“ erklärte.

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Sobotka will künftig mehr Videoüberwachung

Auf Knopfdruck mitschauen und aufzeichnen - der Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl zeigte sich skeptisch: „Jede technische Aufrüstung klingt zunächst gut. Aber es geht um die Fragen, wie viel kostet es, ist es unter den gegebenen Bedingungen technisch machbar und wie ist es im Realfall wirklich umsetzbar.“

Kreissl verwies gegenüber „Wien heute“ auf Erfahrungen in England: „Sogar dort bestehen Schwierigkeiten bei der Reaktion in Echtzeit - und die Engländer gelten als Weltmeister der Videoübewachung. Die Vorstellung, man könnte mit mehr Technik automatisch eine bessere Polizeiarbeit und mehr Zugriff in terroristischen Situationen erzeugen, die ist eigentlich durch nichts gedeckt.“

IM ZENTRUM: Machtlos gegen den Terror?

Wie sollen die Polizeibehörden im Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Freiheit agieren? Diese Frage wurde unter anderem diskutiert.

Sorgen wegen Datenschutz

In der ORF-Sendung „Im Zentrum“ hat Innenminister Sobotka am Sonntag bei Anlassfällen Zugriff auf die Kameras gefordert. Technisch sei das durch Vernetzung durchaus machbar, im Anlaßfall könne man ausreichend Personal zusammenziehen, hieß es am Montag aus dem Innenministerium.

Die Betreiber der öffentlichen Kameras verwiesen auf die dafür notwendige datenschutzrechtliche und geänderte gesetzliche Basis. Sobotka beklagte auch am Montag bei einer Enquete des Kuratoriums Sicheres Österreich „enge Fesseln“ im Kampf gegen den Terrorismus und Cyber-Kriminalität So herrsche in den USA etwa ein „anderer Zugangsbereich“ für die Behörden. In Österreich brauche es „intensive Diskussionen“ darüber, dass man die Bevölkerung nicht bespitzeln wolle.