„Öffi“-Lenker: Nur 12,3 Prozent Frauen

Die Straßenbahnen, Busse und U-Bahnen in Wien sind fest in Männerhand. Die Frauenquote im Fahrdienst der Wiener Linien beträgt nur 12,3 Prozent. Die Verkehrsbetriebe wollen nun mit einem flexiblen Arbeitszeitmodell gegensteuern.

Claudia Pop ist seit knapp zwei Jahren Straßenbahnfahrerin. Sie ist eine von 217 Bim-Lenkerinnen in ganz Wien - daneben hat sie 1.337 männliche Kollegen. „Sie nehmen schon sehr Rücksicht, wenn wir dabei sind, und machen keine blöden Witze“, sagte Pop gegenüber „Wien heute“.

Straßenbahnfahrerin Claudia Pop

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Claudia Pop lenkt seit knapp zwei Jahren eine Straßenbahn

Seit 1970 sind Frauen in Straßenbahnen als Fahrerinnen im Regeldienst. Bei U-Bahnen und Bussen kamen die ersten Frauen erst 1992 dazu. Und seit damals ist der Frauenanteil im Fahrdienst konstant niedrig - zuletzt ist er sogar gesunken. 2002 waren unter den 3.421 Fahrern und Fahrerinnen 438 Frauen (12,8 Prozent). Anfang 2017 betrug die Frauenquote bei insgesamt 3.964 Fahrern und Fahrerinnen nur mehr 12,3 Prozent.

Schichtdienst „nicht sehr familienfreundlich“

Am häufigsten werden U-Bahnen von Frauen gelenkt (23,56 Prozent), dahinter kommen Straßenbahnen (13,94 Prozent). Die wenigsten Frauen hinter dem Steuer finden sich bei Bussen. Bei den Wiener Linien gibt es 39 Buslenkerinnen, das ist ein Frauenanteil von gerade einmal 2,72 Prozent.

Die geringe Frauenquote hat mehrere Ursachen. „Der Beruf im Fahrbetrieb wird immer noch stark in Verbindung gebracht mit technischer Versiertheit, die schon ganz klar den Männern zugeschrieben wird. Und hinzu kommt, dass Frauen sehr kritisch in der Selbsteinschätzung sind, vor allem wenn es das Fahren betrifft“, sagte Verkehrspsychologin Monika Pilgerstorfer.

Auch die Arbeitszeiten seien für Frauen nicht einfach. „Der Bus-, Straßenbahn- und U-Bahndienst ist im Schichtbetrieb fast 24 mal 7 zu erfüllen, und das ist natürlich nicht sehr familienfreundlich“, sagte Wiener-Linien-Geschäftsfüherin Alexandra Reinagl.

Sieben Mal mehr Männer als Frauen

Bei den Wiener Linien gibt es sieben Mal mehr männliche Fahrer als Frauen hinter dem Steuer. „Wien heute“ war mit einer Straßenbahnfahrerin auf der Linie 67 unterwegs.

Teilzeitmodell in Planung

Um mehr Frauen als Fahrerinnen zu gewinnen, betreiben die Wiener Linien seit drei Jahren einen Nachtkindergarten, auch bei Infoveranstaltungen an Schulen versuchen sie gezielt Mädchen für einen Beruf bei den Wiener Linien anzuwerben.

Daneben sind die Wiener Linien „daran, Arbeitszeitmodelle zu entwickeln, die Teilzeit im Fahrdienst vorsehen. Um hier Männern und Frauen ein familienfreundliches Arbeiten ermöglichen zu können“, kündigte die Geschäftsführerin an. Die neuen Teilzeitmodelle sollen „bis zum zweiten Halbjahr 2018 fertig sein. Das ist mein Wunsch“, sagte Reinagl. Derzeit können Fahrerinnen und Fahrer nur Vollzeit arbeiten.

Wiener Linien-Geschäftsführerin Alexandra Reinagl

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Wiener-Linien-Geschäftsführerin Reinagl will Teilzeitarbeit ermöglichen

Frauen „definitiv risikobewusster unterwegs“

„Frauen sind sicher nicht die schlechteren Fahrer. Frauen fahren anders als Männer. Sie sind definitiv risikobewusster unterwegs als Männer und weniger risikofreudig“, sagte Verkehrspsychologin Pilgerstorfer.

„Ich fahre ja viel mit unseren Verkehrsmitteln, und die Männer mögen mir das verzeihen, aber es ist schon smoother, wenn Frauen fahren. Der Fahrstil ist ein anderer“, sagte Reinagl. Und wer wie Pop „smooth“ mit einer 42 Tonnen schweren Straßenbahn unterwegs sein möchte: Die Ausbildung zur Straßenbahnfahrerin dauert zwei Monate.

Hubert Kickinger, wien.ORF.at

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