Kriminalist „Hofrat Geiger“ geht in Pension

Den „Hofrat Geiger“ kann man bald wirklich nur mehr im Fernsehen bestaunen. Der Spitzenkriminalist Ernst Geiger, Leiter der Abteilung Ermittlungen, Allgemeine und Organisierte Kriminalität, geht mit Jahresende in Pension.

Ernst Geiger ist seit den frühen 1980er-Jahren in die größten Fälle involviert gewesen. Unter anderem überführten die Wiener Kriminalermittler unter seiner Ägide den Prostituiertenmörder Jack Unterweger, fanden die aus dem Kunsthistorischen Museum gestohlene „Saliera“ und verfolgten die „Rammbockbande“. Im Fall Kampusch ermittelte Geiger zwar, ein Ergebnis gab es damals aber nicht. „Das bereue ich sehr“, so Geiger im „Wien heute“-Interview. Auch rückblickend hätte man jedoch kaum etwas anders machen können.

Früher mehr Morde und Banküberfälle in Wien

Die Polizeiarbeit habe sich in den vier Jahrzehnten, in denen er tätig war, „mächtig“ verändert, schilderte der Ermittler. Zu Beginn habe es kaum Kriminaltechnik gegeben - beispielsweise DNA-Spuren oder Kommunikationstechniken. „Man war schon froh, wenn man am Nachtkastl des Opfers ein Notizbuch fand. Aber die Fälle waren gleich schwer“, betonte Geiger. Damals habe es 40 bis 50 Mordfälle jährlich in Wien gegeben, heute seien es nur noch rund zwölf. „Und sehr viele Banküberfälle - teils mit wilden Schießereien“, erinnerte sich Geiger.

Schwerer hatten es Polizisten aber nur teilweise: „Einerseits gab es die Welt des Polizeikommissariates, da war alles überschaubarer. Es gab hauptsächlich österreichische Ganoven und kaum ausländische Täter.“ Dafür fehlten die technischen Hilfsmittel, ein Geständnis sei oft der einzige Weg zur Lösung eines Falls gewesen.

Karriere kam zwischendurch ins Wanken

Im Jahr 2006 kam seine Karriere jedoch kräftig ins Wanken: Geiger, der zunächst als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge Peter Stiedls als Wiener Polizeipräsident galt, wurde vorgeworfen, einem befreundeten Betreiber einer Rotlicht-Sauna einen Razziatermin verraten zu haben. Ein Urteil wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses hatte die Suspendierung zur Folge, wurde jedoch vom Obersten Gerichtshof aufgehoben.

Ernst Geiger

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Im „Wien heute“-Interview spricht Geiger über den Wandel in der Polizeiarbeit

„Das waren drei schwierige Jahre. Ich habe die Justiz auch von der anderen Seite kennengelernt, aber ich habe den Glauben in den Rechtsstaat nicht verloren“, sagte er. Im zweiten Rechtsgang setzte es im März 2008 dann einen Freispruch. Im Mai bestätigte der OGH das Urteil und Geiger war voll rehabilitiert. Als Ursprung der Anschuldigungen gelten polizeiinterne Intrigen.

Als Berater für Magna tätig

Nach seinem Ausscheiden aus dem Polizeidienst war Geiger als Berater für den Magna-Konzern Frank Stronachs tätig. Er kehrte aber zur Polizei zurück und übernahm 2009 zunächst interimistisch die Leitung der Abteilung Ermittlungen, Allgemeine und Organisierte Kriminalität im Bundeskriminalamt. 2010 wurde er dann offiziell in die Funktion bestellt.

Geiger rechnet damit, dass sich Kriminalität auch in Zukunft ändern wird - vor allem im Hinblick auf Gewaltdelikte und Gewalt unter Migrationsgruppen. Hier drohe eine „Gewaltwelle“ überzuschwappen: „Im Moment sind wir noch ganz gut aufgestellt, aber in der Zukunft kann sich das leicht ändern.“ Mit Jahresende wird Geiger in Pension gehen - dieser sieht er „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ entgegen. Er will sich Familie und Hobbies widmen.