UNESCO tagt: „Rote Liste“ für Wien droht

Es wird ernst: In Krakau tagt seit Sonntag das Welterbekomitee der UNESCO. Aller Voraussicht nach wird Wiens historisches Zentrum auf die Liste der bedrohten Kulturgüter wandern. Anlass ist das umstrittene Bauprojekt am Heumarkt.

Neben dem Hotel Intercontinental - das ebenfalls neu gebaut wird - soll ein 66 Meter hoher Wohnturm errichtet werden, der das Innenstadtensemble nach Ansicht der UNESCO maßgeblich beeinträchtigt. Gefährdet wird die Kernzone der Welterbestätte Wien auch durch „unzureichenden Planungsinstrumente“, die das historische Zentrum langfristig schützen sollen, heißt es in einer Stellungnahme - mehr dazu in Heumarkt: Fahrplan steht fest.

Absichtserklärung Wiens reicht nicht

Die Ausschlusszonen für Hochhausbauten seien 2014 abgeschafft worden - ohne angemessene Ersatzkontrollinstrumente zu beschließen, wie die UNESCO befindet. Auch der „Masterplan Glacis“ sehe in der Kern- und Pufferzone der Welterbestätte Wien Zonen offensiver städtebaulicher Erneuerung vor. „Die von der Stadt Wien in letzter Minute beschlossene Absichtserklärung (Resolution), keine weiteren Hochhausbauten mehr zu planen, reicht nicht als langfristige, gesetzliches Grundlage, um glaubwürdig die Welterbestätte zu schützen“, stellt man unmissverständlich klar.

Rendering neues Konzept für Heumarkt

Isay Weinfeld&Sebastian Murr

Stein des Anstoßes ist das Bauprojekt am Heumarkt-Areal

Die Wiener UNESCO-Generalsekretärin Gabriele Eschig versicherte einmal mehr: „Es geht der UNESCO um die Kubatur des Bauvorhabens am Heumarkt inklusive Höhe des Turms, der in der Kernzone der Welterbestätte liegt. Grundsätzlich ist die UNESCO nicht gegen Veränderungen im Welterbegebiet - sie will ja keine Musealisierung -, es geht um eine langfristige, sensible, der Welterbestätte adäquate Stadtplanung, die durch offensive städtebauliche Entwicklung die Degradierung des historischen Ensembles verhindert.“ Mehr dazu in Heumarkt-Projekt im Gemeinderat beschlossen.

Entscheidung vermutlich Mitte der Woche

Die Aufnahme in die „Rote Liste“ (World Heritage List in Danger) ist eine Vorstufe zur möglichen Aberkennung des Prädikats „Weltkulturerbe“. Dieses war der Innenstadt 2001 verliehen worden. Das Komitee tagt bis 12. Juli, die Entscheidung in der Causa Wien wird laut der österreichischen UNESCO-Kommission vermutlich am 5. Juli am Nachmittag oder am 6. Juli fallen.

Die „Rote Liste“ ist das Instrument der UNESCO, „um die Staaten und die Welt aufmerksam zu machen, dass der außergewöhnliche universelle Wert einer Stätte für die Menschheit in Gefahr ist“, betont man. Bis dato betreffe das fast ausschließlich Stätten in Kriegsgebieten oder nach Naturkatastrophen. „Wien ist eine der ersten Stätten Mitteleuropas, die durch offensive städtebauliche Entwicklungen der letzten Jahre - Vertikalisierung und Verdichtung im historischen Zentrum - ihren außergewöhnlichen Wert zu verlieren droht“, wird gewarnt - mehr dazu in Vassilakou will Welterbestatus erhalten.

Erinnert wird zudem an Köln. Die deutsche Stadt habe sich von 2005 bis 2006 auf der „Roten Liste“ befunden. Deutschland habe jedoch reagiert und die Planung von Hochhäusern, die außerhalb des Welterbes geplant waren, zurückgezogen.

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APA

Neun Welterbestätten in Österreich

Aktuell stehen auf der Welterbeliste laut UNESCO 1.052 Kultur-und Naturstätten in 165 Ländern - darunter neun in Österreich. 35 weitere sind heuer weltweit nominiert. Der Erhaltungszustand von 99 Stätten und 55 Stätten auf der Liste des gefährdeten Welterbes wird geprüft.

Eine Aufnahme auf die „Rote Liste“ droht unter anderem auch dem durch das Erdbeben von 2015 in Mitleidenschaft gezogene Tal von Kathmandu und der Festung und den Schalimar-Gärten der pakistanischen Metropole Lahore - die bereits einmal dort zu finden waren und nun neuerlich als gefährdet eingestuft werden. Das UNESCO-Welterbekomitee setzt sich aus 21 gewählten Vertragsstaaten der Welterbekonvention zusammen.

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